Kleiner Kreuzer SMS Emden

Im Rahmen der Sonderausstellung »Deutschland zur See. 175 Jahre Marine« im Internationalen Maritimen Museum Hamburg (IMMH) fiel mir ein Modell vom Kleinen Kreuzer S.M.S. Emden besonders auf. Das auffallend hoch detaillierte Modell im Maßstab 1/50 wurde von Manfred Zinnecker, der die Firma Zinnecker-Modellbau betrieb, gebaut. Es gehörte einst zur Sammlung Dr. Schneekluth in Aachen. Modelle dieser Sammlung sind in den Besitz des IMMH übergegangen und werden zum großen Teil im Schaudepot des Hauses verwahrt. So wurde das Modell der Emden nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Zum 1910 in Dienst gestellten Original muss ich auf dieser Seite wenig sagen. Der Kleine Kreuzer führt ab August 1914 Handelskrieg im Indischen Ozean. Dabei versuchte die Besatzung stets, Menschenleben zu schonen. 23 gegnerische Handelsschiffe, ein russischer Kleiner Kreuzer und ein französischer Torpedobootszerstörer konnte die Emden versenken oder aufbringen. Ein Angriff auf den Hafen von Madras führte zu Panik unter der indischen Bevölkerung. Am 9. November 1914 wurde der deutsche Kreuzer von der überlegenen HMAS Sydney vor den Kokosinseln dabei überrascht, die dortige Telegrafenstation zu zerstören. Im folgenden Gefecht wurde die Emden zerstört. Der zuvor auf der Insel ausgesetzte Landungszug konnte sich auf abenteuerlichen Wegen bis nach Konstantinopel durchschlagen.

Der Kleine Kreuzer S.M.S. Emden ist eines der bekanntesten Schiffe der deutschen Marine. Es gab bisher vier Namensnachfolger in den verschiedenen deutschen Marinen, aktuell (Sommer 2023) liegt die Korvette Emden (Klasse K 130) in der Ausrüstung im Hamburger Hafen.

Das Modell wurde frei im Raum, ohne schützenden Vitrine ausgestellt. Das – und der große Maßstab – machten es möglich, die großartigen Details genau ansehen zu können. Der Kleine Kreuzer ist im sog. 98er-weiß/gelb dargestellt. Dieser Tropenanstrich war bis 1910 gültig. Seine berühmte Kaperfahrt machte das Original in grauer Bemalung. Ich fand besonders die ausgearbeitete Takelage interessant. Alles ist da: Funkantennen mit Isolatoren, Nachsignalapparate mit Kabelleitungen und Signalleinen mit vorbildgerechter, aufgeschossener Lose. Die Scheinwerfer – in Schwarz gehalten – zeigen Lamellen, Lüfter und die Schwenkmechanik. Darunter, über ein Gestänge verbunden, die Scheinwerferrichtgeräte. Die Mechanik der Ruderstandskegel mit dem Drahteinlauf durch Röhren ins Deck liegt vor der Heißleine des Achtungskegel an der Großmastgaffel.

Auf dem Achterdeck ist die Zurrung des Reserveankers toll zu erkennen. Das Deck ist mit Linoleumbahnen belegt, welche mit Messingschienen umfasst sind. Die Ketten und Seilführungen des ausgebrachten Schraubenschutzes sind präzise nachgebildet. Schraubenschutz und Kriegsflagge am Achterstock weisen das Modell als Hafenlieger aus. Die geöffneten Kasematten lassen Blicke ins Schiffsinnere zu. Auf der Back sind zwei Ankerbojen dargestellt. Interessanterweise sind beide in Rot. Oft ist eine Rot/Grün-Kennung gezeigt. Die Ankerketten mit Kettenkneifern und unterlegten Schutzblechen laden zum Studium ein. Über dem Bugwappen ist der Trossenabweiser zu sehen. Die Poller zeigen weiße Köpfe.

Das Holzdeck in der Kuhl zeigt das vorbildgerechte, unregelmäßige Beplankungsschema. In den offenen Beibooten liegen die erforderlichen, unterschiedlichen Riemen in der korrekten Ausrichtung. Podeste, Niedergangsstufen, Hängematts- und Staukästen sind mit Linoleum belegt. Jeder Lüfter, jedes Podest und jedes Oberlicht bilden »Modelle im Modell«.

Ich wünsche mir, dass dieses in allen Belangen großartige Modell Eingang in die Dauerausstellung des IMMH finden wird und nicht wieder im Schaudepot verschwinden wird.

Die Sonderausstellung zur Deutschen Marine (Deutschland zur See. 175 Jahre Marine, siehe Fotogalerie) findet vom 16.06. bis zum 05.11.2023 statt. 

Hier Fotos des Modells im Schaudepot (September 2022):

Weitere Fotos aus dem Internationalen Maritimen Museum Hamburg:

Klaus Lingenauber (Text, Fotos), Rainer Michalek (Fotos), Lars (Fotos)