29.08.1943 - 75 Jahre Selbstversenkung der dänischen Flotte

 

Heute vor 75 Jahren, am 29. August 1943, wurde das dänische Patrouillenschiff Hvidbjørnen im Großen Belt selbst versenkt, um eine Übernahme durch die Kriegsmarine zu verhindern (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Dänemark war am 9. April 1940 von Nazi-Deutschland besetzt worden. Die dänische Regierung hatte befohlen, keinen militärischen Widerstand zu leisten, so dass die Besetzung fast kampflos erfolgte, auf dänischer Seite starben 16 Soldaten und 20 wurden verletzt. In den folgenden Jahren wurden die dänische Regierung im Amt gelassen, auch das dänische Militär blieb intakt. Aus Sicht der Nazis sollte Dänemark in Musterprotektorat werden. Trotz der Zusammenarbeitspolitik der Regierung nahmen die Widerstandsaktionen gegen die Besatzung insbesondere 1943 zu, was dazu führte, dass die Nazis der Regierung am 28. August 1943 ein Ultimatum stellten, härter gegen den Widerstand vorzugehen. Die dänische Regierung weigerte sich, worauf die Nazis am 29. August die direkte Kontrolle übernahmen und das dänische Militär entwaffneten. Die dänische Marine in Erwartung einer solchen Aktion allen Schiffen den Befehl erteilt, entweder nach Schweden zu entkommen oder sich selbst zu versenken. Die beiden Patrouillenschiffe Hvidbjørnen und Ingolf ankerten bei Bekanntwerden der deutschen Aktion am 29. August bei Tåsinge in der Nähe von Svendborg und versuchten nach Schweden zu entkommen. Dabei trafen sie im Großen Belt auf den deutschen Minensucher M 413. Der dänische Kommandeur des Verbands, C.V. Evers, machte den Fehler, zu versuchen mit den Deutschen zu verhandeln, und versäumte es so zu verhindern, dass die beiden dänischen Schiffe von bewaffneten Kommandos geentert wurden. Im Gegensatz zur Besatzung der Ingolf, die von den Deutschen erbeutet wurde, gelang es der Besatzung der Hvidbjørnen das Schiff trotz des Enterkommandos an Bord durch Zündung einer Sprengladung im vorderen Magazin zu versenken.

Das Original

Das dänische Patrouillenschiff Hvidbjørnen wurde 1928-29 speziell für Einsätze im Nordatlantik und Grönland gebaut. Ab dem 18. Jahrhundert patrouillierten dänische Kreuzer regelmäßig in den Gewässern Grönlands und des damals noch dänischen Islands. Im 20. Jahrhundert wurde die dänische Marine immer mehr reduziert, statt neuer Kreuzer wurden billigere Schiffe für die Patrouillen zur Durchsetzung der dänischen Hoheitsrechte, insbesondere des Fischereirechts, verwendet. Das 1906 hierfür gebaute Schiff Islands Falk war für die Einsätze im Norden nicht optimal, da es nicht für Einsätze im Eis verstärkt war. Das galt noch stärker für den ebenfalls eingesetzten, 1900 gebauten Minenleger Beskytteren und die 1920 gekaufte Fylla (ex HMS Asphodel), eine ehemals britische Sloop der Flower-Klasse, die nicht nur nicht eisgängig waren, sondern auch nicht seetüchtig genug waren. Die Hvidbjørnen war ein Neuentwurf, sie war seetüchtiger, hatte eine größeren Fahrbereich und war für die Einsätze im Eis verstärkt. Ihre militärischen Fähigkeiten waren, um die Kosten niedrig zu halten, minimal. Sie war ungepanzert, ihre Maschine war nicht vollständig unterhalb der Wasserlinie angeordnet und die Bewaffnung bestand nur aus zwei 8,7 cm-Kanonen, die von dem 1928 außer Dienst gestellten Kreuzer Gejser stammten. Die Navigationseinrichtungen waren für die Einsätze im hohen Norden in schlecht kartierten Regionen ausgelegt, u.a. mit Gyrokompas, Funkpeilung und Echolot. Auf die Hvidbjørnen folgte ein weiteres verbessertes Schiff, die 1933-34 gebaute Ingolf. Diese fiel sehr ähnlich aus, war aber etwas größer, schneller, stärker bewaffnet und von Anfang darauf ausgelegt, auch ein Flugzeug mitzuführen.

Die Dänen klassifizierten die Hvidbjørnen als Inspektionsskib (Inspektionsschiff). In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden ähnliche für Patrouillendienste gebaute Schiffe, die billiger als Kreuzer sein sollten, u.a. als Kanonenboote (u.a. Kaiserliche Marine, US Navy), Aviso (französische Marine) und Sloop (Royal Navy) klassifiziert, heute werden sie meist Hochseepatrouillenfahrzeuge (offshore patrol vessels, OPV) genannt. Benannt ist die Hvidbjørnen nach dem Wappentier Grönlands, nicht nach dem Eisbär (Ursus maritimus, dänisch Isbjørn).

Die Hvidbjørnen war 63,2 m lang, 9,7 m breit und verdrängte voll beladen 1050 t. Der Antrieb erfolgte über zwei Kessel und einer Dampfmaschine, die 1800 PS leistete, womit 14,5 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 58-61 Mann.

Bewaffnung
2 x 8,7 cm L/40 PK (Krupp)
1 Heinkel H.M.II (He 8)-Bordflugzeug

Die Hvidbjørnen wurde 1928-29 von der Orlogsværftet (Marinewerft) in Kopenhagen gebaut. Sie wurde ab 1929 im Sommer für Patrouillen um Island und Grönland verwendet. 1932 unterstützte sie Knud Rasmussens 7. Thule Expedition und Lauge Kochs Treårsekspedition in Grönland, wofür sie u.a. eine Heinkel H.M.II (He 8) nach Grönland brachte, die dort für Kartierung mittels Luftbildfotografie verwendet wurde. Diese wissenschaftlichen Expeditionen waren ein Teil des Versuchs Dänemark zu beweisen, dass es tatsächlich Souveränität über Grönland ausübte. 1931 hatten Norweger Teile Ostgrönlands mit der Unterstützung der norwegischen Regierung besetzt und dies damit begründet, dass dieses Gebiet bisher von niemanden beansprucht würde. Darauf verklagte Dänemark Norwegen vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag und bekam 1933 recht, d.h. es wurde bestätigt, dass ganz Grönland dänisch ist.

Ab 1934 ersetzte Ingolf sie in Grönland und Hvidbjørnen wurde primär um Island herum eingesetzt. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs blieb sie in Dänemark und wurde u.a. für die Kadettenausbildung eingesetzt. Sie war mit der Ingolf auf einer dieser Schulfahrten, als sie am 29. April 1943 den Befehl erhielt nach Schweden zu fahren bzw. sich selbst zu versenken. Nachdem sie von einem bewaffneten Prisenkommando des deutschen Minensuchers M 413 im Großen Belt geentert worden war, gelang es der Besatzung noch eine Sprenglandung im vorderen Magazin zu zünden und das Schiff rechtzeitig zu evakuieren bevor es sank. Die Besatzung wurde von dem Torpedoboot T 18 gefangen genommen. Das Schiff wurde am 23. November 1943 von den Deutschen gehoben, nach Korsør und schließlich nach Deutschland geschleppt. Wegen der Schäden wurde es anscheinend während des Kriegs nicht mehr wieder einsatzfähig.

Das Wrack lag bei Kriegsende in Warnemünde. Dänemark wollte das Schiff wegen der schweren Schäden nicht wieder zurückhaben. Es wurde 1949 gehoben, erst in Wismar repariert und dann 1951-52 in Wolgast zum Schulschiff für die Volkspolizei See der DDR umgebaut. Dabei erhielt sie einen schrägen Vorsteven, eine vergrößerte Brücke, vier 3,7 cm und zwei 2,5 cm-Geschütze. Ab 1952 diente sie als Ernst Thälmann, 1956 wurde sie das Flaggschiff der neu gegründeten Volksmarine. 1956 erhielt sie auch eine neue Bewaffnung (ein 8,5 cm, drei 3,7 cm, zwei 2,5 cm; später ein 8,5 cm, zwei 3,7 cm und vier 2,5 cm). 1957 erhielt das Schiff neue Kessel. Im Januar 1961 wurde sie, um den Namen für eine Fregatte der Riga-Klasse (Projekt 50) frei zu machen, in Albin Köbis umbenannt. Im September 1961 wurde sie außer Dienst gestellt, diente noch bis 1963 als Wohnschiff. Danach wurde sie teilweise abgewrackt, der Rumpf wurde als Zielschiff 1965 versenkt.

Das Modell

Mein Modell des dänischen Patrouillenschiff Hvidbjørnen stellt nicht den Zustand von 1943 dar, sondern den von 1932. Der Zustand von 1932, als sie die wissenschaftlichen Expeditionen in Grönland unterstützte, wirkt für mich u.a. wegen der Heinkel H.M.II an Bord interessanter. Der Zustand von 1943 ist auch fotografisch schlechter dokumentiert. Anscheinend wurde sie umgebaut, u.a. mit Änderungen auf dem Peildeck, eventuell zwei 2 cm-Flak hinter dem Schornstein und wohl mit einem extern angebrachten Entmagnetisierungskabel.

Das Modell beruht auf einem Plan aus dem Forsvarsgalleriet.dk (leider zuletzt nicht zugänglich), der einen späten Zustand oder eine Umbauplanung zeigt. Dazu benutzte ich einen Längsschnitt, der in Atlantsejlerne Flådens inspektionsskibe i 100 år abgedruckt ist, der das Schiff im ursprünglichen Zustand zeigt, sowie Fotos aus den unten aufgelisteten Büchern und Fotoarchiven.

Der Rumpf ist in Schichtbauweise aus Plastikplatten erstellt. Die Aufbauten und Brücke bestehen auch aus Plastikplatten, allerdings bestehen sie hier aus Platten für die Wände und Decks. Aus Plastikplatten bestehen auch Oberlichter und Luken. Der Schornstein ist aus Papier, die Masten sind aus Metall.

Die 8,7 cm-Geschütze haben eine Lafette und Verschluss aus Plastikstäben, ein Messingrohr von Master (eigentlich für britische 12-Pfünder) und ein Schutzschild aus Papier. Winden und Gangspill sind Resinteile von Battlefleet Models, die großen Lüfter sind Resinteile, die von der Krasin von Kombrig übrig geblieben sind. Die kleinen runden Lüfter sind aus Metallstäben und Plastikteilen gemacht. Die Scheinwerfer sind Plastikteile aus der Restekiste. Die Beiboote sind teilweise von L'Arsenal, der Rest ist auch aus der Restekiste. Die Anker, Ankerketten und Davis sind Fotoätzteile, überwiegend von BJ-Modellbau. Die Peilantenne ist aus Kupferdraht gebogen. Die Heinkel H.M.II (He.8) ist aus einer gedruckten Heinkel He.5 von Classic Airships auf Shapeways umgebaut, d.h. ich habe das Seiten- und Höhenleitwerk durch entsprechend anders geformte aus Plastikplatten ersetzt. Die Lagerung der Heinkel ist aus Fotoätzteilen aus der Restekiste gemacht. Die Takelung erfolgte wieder mit schwarzen UNI-Caenis-Faden (20 Denier).

Bemalt ist die Hvidbjørnen mit Farben von Vallejo Model Color. Die vertikalen Flächen sind überwiegend mit 155 (990) Silbergrau bemalt, die Decks mit 110 (986) Achatgrau und 166 (994) Dunkelgrau. Die Brücke und Oberlichter sind mit 139 (846) Mahagonibraun gestrichen. Die Beiboote sind teils mit 155, 110 und 139 bemalt, die mit Persenningabdeckung mit 155 und 120 (976) Beige. Die Heinkel H.M.II ist in 27 (910) Blutorange, 4 (842) Cremeweiss und 71.062 Aluminium von Vallejo Model Air bemalt. Die Abziehbilder wurden von Tailormadedecals gezeichnet und gedruckt.

Die Hvidbjørnen war ein relativ kleines Schiff. Links ein Vergleich mit dem chinesischen Geschützten Kreuzer Jiyuan von 1885, der von der Länge her den dänischen Kreuzern ähnelte, die Hvidbjørnen auf dem Patrouillendienst ersetzte, sowie ein als Kreuzer klassifiziertes chinesisches Kanonenboot Yixian von 1931, also aus der gleichen Epoche wie Hvidbjørnen selbst. In der Mitte ein Vergleich mit einem britischen Schweren Kreuzer der Epoche, HMS Exeter von 1931. Rechts ein Vergleich mit einem heutigen dänischen Schiff, dem Unterstützungsschiff Absalon von 2005.

Quellen

Lars