Vor vielen Jahren von einem Kollegen gekauft, lag der Bausatz der La Couronne lange bei ihm im Keller herum. Jetzt bot sich die Gelegenheit das Schiffchen als Pandemie-Gedenkbau vom Stapel zu lassen. Couronne bedeutet das Gleiche wie Corona, erst später fand ich heraus, das es vom selben Bausatzhersteller auch ein Modell mit dem Namen Corona gibt, als kleine spanische Galeone.

Das Projekt begann mit der Recherche nach dem Original und bereits gebauten Plastikmodellen. Die Informationen zum Original sind sehr dünn, die halbwegs verlässlichen zeitgenössischen Stiche zeigen ein ganz anderes Schiff, dieser Umstand wird auch in einschlägigen Foren festgestellt. La Couronne von Heller sollte allein aufgrund ihres Baujahres ein technisch und stilistisch weiter als die Vasa entwickeltes Schiff zeigen, bestenfalls jedoch gleich oder doch sehr ähnlich. Für gewisse Teile des Plastikmodells trifft dies auch zu, der Heckspiegel aber, mit den „Seitentaschen“, zeigt eher eine deutlich vor Vasa liegende Entwicklungsstufe des Schiffbaues. Die hier am Modell abgebildeten „Seitentaschen“ sind eher überdachte Balkone wie sie auf englischen Schiffen an der Wende zum 17. Jahrhundert aufkamen, von Kollegen in anderen Foren trefflich als „Hühnerstall“ bezeichnet. Golden Hind und Revenge sind bekannte Schiffe mit diesen Balkonen und den Anfängen einer Überdachung derselben. Vom Typ her ist die Couronne noch eine klassische Galeone.


Oft gestellte Vergleiche mit Plastikmodellen der Vasa oder der Saint Louis von Airfix sind durchaus berechtigt, stellen diese Modelle eher ein zeitgenössisches Modell dar als diese La Couronne von Heller. Vielleicht könnte man diese Heller – Couronne als nicht ganz fertiges Schiff sehen das mit provisorischen, old fashioned Seitentaschen eine Probefahrt macht um später an den Ausrüstungskai zurück zu kehren.

Der Wikipedia-Artikel ist übrigens nett, für echte Recherche aber wenig hilfreich. Neben widersprüchlichen Aussagen (Stückanzahl) scheint der Artikel aus einer Bausatzbeschreibung zu stammen. Breiter gestreut in der Literatur gibt es mehr Informationen. Sehr aufschlussreich sind die Diskussionen, Tipps und Tricks im Wettringer Modellbauforum

Der Bausatz

In der für Segelschiffe gewohnten guten Qualität von Heller gespritzt ist die Couronne ein hübsches Schiffchen. Nicht ganz unkompliziert ist der Zusammenbau des Rumpfes mit seinen Decks und den einzuklebenden Kanönchen. Wie üblich bei Modellen mit Holzdarstellung ist die Maserung sehr erhaben dargestellt. Wie andernorts schon festgestellt ist dies eigentlich obsolet, maßstäblich umgerechnet wären auf den Holzplanken 2 cm hohe Rippen über die gesamte Außenhaut verteilt. Also, Plankenstösse und -fugen ja, Maserung ist Quatsch. Die Spieren im Bausatz sind maßstäblich sicherlich korrekt, aufgrund des Materials jedoch eher unbrauchbar – meine Bewunderung gilt jenen Schifflebauern die mit den Plastikteilen gute Ergebnisse erzielen. Mir war das zu unsicher so das von vornherein feststand, alle Plastikspieren gegen Holz- und Metallteile auszutauschen. Was sich auch sehr bewährt hat.

Einige Teile wiesen Fischhaut auf, gerade an den Mastkörben war die nur fummelig zu entfernen. Teile der Verzierungen am Heckspiegel sollen aus beiliegendem Papierbogen (wie auch die Flaggen) dargestellt werden, Beiboote waren gar keine vorgesehen. Ob mit den Papierflaggen halbwegs ordentliche Flaggen dargestellt werden können habe ich auch nicht ausprobiert. Meiner Meinung nach ist das Papier zu steif dafür. Vier Anker sind ausreichend, weitere Anker hat man nicht sichtbar im Schiffsrumpf aufbewahrt.

Das Verkleinerungsverhältnis des Modells bleibt unklar. Rechnerisch, einer Kiellängenangabe zufolge wäre 1/200 richtig, setzt man aber entsprechende Figuren auf das Modell scheinen sie sehr klein. Anders sieht es bei größeren Figuren in 1/160 (Spur N) aus. Die Männlein sind etwa 11 mm hoch und passen recht gut zu den Proportionen des Modells.

Der Bauplan ist übersichtlich und gut zu befolgen, er bietet ausreichend Platz für eigene Anmerkungen und Korrekturen. Was die abschließend anzubringende Takelage angeht bleibt der Plan mehr als lückenhaft.

Die beiliegenden Segel sind wie üblich bei Plastikseglern aus tiefgezogenem Kunststoff. Insgesamt sind diese etwas sehr stark strukturiert, auch hier ist weniger mehr. Die Plastiksegel fanden so auch bei mir keine Verwendung.

Der Bau des Krönchens

Der wichtigste Entschluss gleich zu Beginn war der Verzicht auf die geöffneten Stückpforten der Kanonendecks. Mit Sicherheit wären die Kanonenrohre beim weiteren Bau abgebrochen und im Rumpf verschwunden. Aufgestellt und getakelt wurden also nur die Stücke auf den einsehbaren Decks.

Auch die Takelung der Wanten wird bereits in der ersten Bauphase vorbereitet. Abweichend vom Heller-Vorschlag legte ich hier kleine Schlaufen in die vorgesehenen Löcher, ein stabiles Garn das aus dem „Püttingsloch“ herausgeführt, um eine Stecknadel gelegt wieder zurückgeführt wurde. Die Schlaufe auf der Nadel wurde mehrfach mit Plastikkleber beträufelt, die Nadel nach vollständiger Durchtrocknung aus den Schlaufen gezogen . So entstanden sehr stabile Verbindungen der Wanten mit dem Rumpf. Mit Zusammenbau des Rumpfes baute ich mir eine sehr hilfreiche Helling auf der der Rumpf fest verschraubt wurde und die ich erst nach dem Setzen der letzten Flagge abnahm um das Modell ins „Wasser“ zu bringen.

Die Bemalungsvorschläge von Heller fand ich nach Vergleichen mit zeitgenössischen Gemälden viel zu hell. Auch sollte das Unterwasserschiff mit „brown stuff“ gestrichen werden, historisch vielleicht belegt, weiß sieht jedoch deutlich besser aus und ist ebenso gut belegt. Das Unterwasserschiff sprühte ich aus der Dose auf (Vallejo). Der Bereich von Wasserlinie bis an das unterste Barkholz wurde schwarz/teerschwarz gestrichen. Auch das von Heller vorgeschlagene Hellblau übernahm ich so nicht sondern bemalte die Bordwände mit einem sehr viel dunkleren Blau, die Reling mit einem elfenbeinweiss. Die Decks sind immer irgendwie schwierig. In Anlehnung an Luftbilder verschiedener Segelschiffnachbauten entschied ich mich für ein helles Grau mit einem schwach ockerfarbenen Washing. Die Plankenfugen zog ich mit einem gut gespitzten Bleistift nach.

Die recht spartanische Deckseinrichtung besteht aus ein paar Knechten, den Treppen zur Poop und den Oberdecksgeschützen. Bordinnenwände wurden in ziegelrot gestrichen, ebenso die Lafetten der Kanonen. Jetzt tauchte ein interessantes und sicherlich auch viel diskutiertes Problem auf. Die Aufstellung der Stücke auf dem Modell empfand ich als geradezu absurd. Jagdkanonen sind okay, wenn diese aber fast mit den ersten Breitseitgeschützen zusammen stoßen passt das nicht wirklich. Genauso verhält es sich mit den nach achtern feuernden Rohren auf der Back und den nach vorn gerichteten Geschützen auf dem Kampanjedeck. Insgesamt acht Rohre sind auf die Kuhl gerichtet... Die Takelung der Kanonen machte ich mit Draht und 1 mm großen Kartonscheibchen, für aufgeschossenes Tauwerk wickelte ich dünnen Kupferdraht um eine konische Holzspitze, zog ihn ab und klebt die Taubunschen leicht auf Doppelklebeband um die Bunschen zu bemalen.

Fast alle Taue des laufenden Gutes wurden jetzt schon an Deck befestigt. Nur Sven weiß, welchen Belegplan ich hierzu benutzt hab… Später erwies sich auch dies als vorteilhaft, es schien mir leichter, die Taue von unten nach oben zu ziehen statt in dem immer enger werdenden Raum zwischen den Schnüren mit zwei Pinzetten herum zu mengen. Alle Taue wurden natürlich mit kleinen Fähnchen und einer Beschriftung versehen.

Die Rüstbretter zum Spreizen der Wanten waren an allen Masten zu schmal und wurden mit Polystyrolprofilen aufgefüttert.

Die Masten wurden komplett neu aufgebaut. Aus Raminrundstäben entstanden zuerst die Masten und Stengen. Eselshäupter, Marsen und Salinge behielt ich bei und baute sie an die Holzteile an. Die Bausatzteile dienten nurmehr als Vorlage für die Holzspieren. Die Reling der Marsen behängte ich mit „Schanzkleidern“, blau gestrichenem Orangenwickelpapier, das später noch eine Verzierung mit fleur de lys-Decals erhielt. Diese sehr sehr guten Abziehbilder bezog ich von „Mighty Brush“. In mehreren Größen auf einem Bogen reichten sie für die Schanzkleider der Marsen und alle Flaggen. Vor dem Einsetzen in den Rumpf waren die Masten fertig getakelt. Die Webeleinen der Stengewanten wurden mit einer im Wettringer Modellbauforum beschriebenen Methode eingebunden, dies ging sehr schnell und einfach von der Hand. Im Bilderreigen sind einige Bilder die diesen Vorgang gut darstellen. Sind doch gerade die Webeleinen eine langwierige und langweilige Arbeit… Die Rahen drehte ich ebenfalls nach Vorlage des Bausatzes ab, mit einem Akkuschrauber die größeren, auf der Kleinbohrmaschine die kleineren und dünnen Rahen.

Der Segelriss wurde mehr oder weniger neu gezeichnet. Als Vorlage zur Gestaltung der Segel diente hier der gut überlieferte Segelriss der Vasa. Auf ein fahl-ockerfarbenes Japanpapier zeichnete ich Linien in 5 mm Abstand, das entspräche etwa einer Kleiderbreite von 0,8 m. Alle Dopplungen entstanden aus demselben Papier, die Bonnets an Fock-, Groß- und Lateinsegel wurden mit einem dünnen Papierstreifen abgesetzt, die Segel selbst mit einem in den Saum eingeklebten dünnen Draht verstärkt der auch eine gute Formbarkeit der Segel brachte. An den Schothörnern wurde dieser Draht als kleine Schlaufen (Augen) ausgeformt um später Schoten und Geitaue aufzunehmen. Um die Auswölbung im Wind geblähter Segel zu erreichen, müssen Seiten und Unterlieke der Segel etwas länger gezeichnet werden als der Segelriss es vorgibt. Auch das eigentlich gerade Unterliek sollte mit einem Kreisbogen gezeichnet werden, hier war es ein Bogen mit r = 30 cm.

Die Masten wurden jetzt einer nach dem anderen eingesetzt, die Neigung der Masten beachtet und die Unterwanten getakelt. Jetzt zeigte sich die hohe Stabilität der zu Anfang eingebundenen „Püttingsschlaufen“, in die jetzt die Wanten eingezogen und steif gesetzt wurden. Die Jungfern entstanden aus kleinen, dreieckigen Teilen aus einem anderen Bausatz. Die runden, allseits bekannten Jungfern kommen erst ab den 1660er Jahren auf. In der klassischen Reihenfolge takelte ich jetzt das stehende Gut, beginnend mit dem Fockstag das den leicht nach vorn geneigten Mast nach vorn stützte, anschließend die Fockwanten, dann das Vormarsstengestag mit seinen Hahnepoten, die (umstrittenen) Stengepardunen und so fort. Letzte Teile des stehenden Gutes waren dann die Marspardunen am Besanmast.

Die Segel waren bereits mit Sekundenklebergel an den Rahen befestigt und weitgehend getakelt, sie konnten jetzt aufgeriggt werden. Die Führung von Toppnanten, Schoten, Geitauen, Gordings etc vom Deck zu ihren Angriffspunkten ging jetzt schnell von statten. Da das Schiff auf Steuerbug am Wind segelt mussten die Rahen stark angebraßt werden, zunächst wurden aber nur provisorische Brassen gesetzt um die richtigen Längen für die anderen Seile zu haben. Mit Fertigstellung der Segeltakelung wurden auch die Brassen richtig gesetzt. Sehr fummelig waren die Takelagen der Mars- und Staghahnepoten. Die letzten Seile waren dann die Flaggleinen und die Schoten der Blinde.

Die recht einfachen Flaggen entstanden aus Orangenpapier, dünn weiß grundiert oder nur rot mit Revell-Aqua-Farben gestrichen, anschließend mit fleur de lys-Decals beklebt, geknautscht, gekrinkelt und wieder gerade gezogen, die langen Wimpel ebenfalls mit einem Draht an der Oberkante damit sie gut im Wind stehen. Die Flaggleinen sind auch aus dünner Drahtlitze damit sie im Wind im Bogen auswehen.

Nebenbei wurden zwei maßstäblich passende Boote aus dem Fundus mit Spanten, Wegerungen und erhöhten Bordwänden ausgebaut, auch eine kleine Yacht und eine Frachtschute entstanden aus der Restekiste. Die Boote der Couronne werden geschleppt, durchaus üblich um die Holzverbindungen feucht zu halten.

Auf das Deck legte ich an vielen Stellen aus Garnresten gewickelte Taubunschen, auf der Gräting über der Kuhl liegt die Segelausrüstung der Boote. Die Figuren sind zum kleineren Teil ausgewählte Preisermännlein, etwa 30 Sailors wurden mit einer Datei aus „myminifactory“ gedruckt (3d print sailors and officers to crew model ships 1750 – 1820). Hübsche Figuren die es so bisher nicht gab, davon sollten mehr auf den Markt kommen.

Das Meer entstand mit der mir liebsten Methode aus Balsaholz. Geschnitzt, grundiert, farblich gefasst und fünfmal klar lackiert.


Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz