Die Originale: Gneisenau, Raule und Brommy

Als den Briten 1938 klar wurde, dass ein Krieg mit Deutschland letztlich unvermeidbar sein würde, ergab sich für die Royal Navy der Bedarf für ein schnell zu bauendes Geleitfahrzeug, das auch mit der Flotte operieren konnte. Dies führte zur Entwicklung der Geleitzerstörer der Hunt-Klasse, die im Wesentlichen zwischen 1939 und 1942 gebaut wurden (lediglich zwei wurden erst 1943 fertiggestellt). Von diesen Schiffen wurden hauptsächlich drei Typen gebaut; von einem vergrößerten vierten Typ wurden nur noch zwei Schiffe in Dienst gestellt. Von insgesamt 84 in Dienst gestellten Einheiten der Typen I, II und III gingen während des Krieges 25 verloren. Die restlichen Einheiten wurden nach dem Krieg meist rasch deaktiviert oder an andere Marinen abgegeben.

So kaufte auch die junge Bundesmarine 1957 u. a. drei Schiffe der Hunt II- und Hunt III-Klasse. Nach einer Grundüberholung in England wurden sie dann 1958 übergeben und unter deutscher Flagge überführt, aber (aus politischen Gründen) erst nach der Überführung umbenannt und in Dienst gestellt.

Es waren dies:

  • Gneisenau F-212 – ex HMS Oakley L.98 (Hunt II-Klasse),
  • Raule F-217 – ex HMS Albright L.12 (Hunt III-Klasse),
  • Brommy F-218 – ex HMS Eggesford L. 15 (Hunt III-Klasse).

Diese Schiffe hatten zwar keinen nennenswerten Kampfwert mehr, waren aber für die Ausbildung neuer Mannschaften von großem Nutzen. Bei mehreren Auslandsreisen dienten sie zudem als „Botschafter in Blau“. Während Gneisenau der Marineartillerieschule zugeteilt wurde, kamen Raule und Brommy bei der Unterwasserwaffenschule zum Einsatz.

Bei der Übergabe führten die Schiffe noch die Bewaffnung, die sie bei Ende des Krieges hatten:
6 102-mm-Geschütze in Zwillingstürmen
1 2-pdr-Vierlings-Pompom
2 2-pdr (40 mm) in Einzellafette (nur Hunt II-Klasse)
1 533-mm-Zwillings-Torpedorohrsatz (nur Hunt III-Klasse)
4 Wasserbombenwerfer
2 Wasserbomben-Ablaufschienen

Die Bewaffnung wurde jedoch bald und mehrfach geändert. Die Angaben hierzu sind allerdings uneinheitlich und teilweise widersprüchlich.

Bei Gneisenau wurde zunächst die Pompom auf der Plattform hinter dem Schornstein ausgebaut und die 2-pdr-Einzellafette vor der Brücke an ihre Stelle versetzt. Später wurden die beiden britischen 2-pdr durch Bofors 40-mm-Einzelflak ersetzt, wobei das hintere Geschütz an die Stelle des 102-mm-Geschützes auf dem achteren Aufbau kam, welches seinerseits von Bord gegeben wurde.

Bei Raule und Brommy wurde das 102-mm-Geschütz vor der Brücke ausgebaut und durch je zwei Hedgehog-Werfer ersetzt. Die Pompom hinter dem Schornstein wurde noch eine Weile beibehalten, bevor sie gegen eine Bofors 40-mm-Einzelflak ausgetauscht wurde. Während Brommy ihre Torpedorohre offenbar sehr früh verlor, behielt Raule zunächst ihren Zwillings-Torpedosatz mittschiffs bei, erhielt später aber im Austausch zwei einzelne U-Jagd-Torpedorohre, die beidseits an der Bordkante positioniert waren.

Während die Wasserbombenwerfer und –ablaufschienen bei Gneisenau schon früh ausgebaut wurden (möglicherweise schon vor der Überführung), geschah dies bei Raule und Brommy erst später und nach und nach.

Anfang der 60er-Jahre erhielten alle drei Einheiten eine neue Ummantelung des Schornsteins. Von Ende 1962 bis Frühjahr 1964 erfuhr Gneisenau eine Generalüberholung, bei der die gesamten Aufbauten umgestaltet und die Bewaffnung geändert wurden. In ähnlicher Weise wurde auch Raule Mitte 1962 bis Ende 1964 umgebaut, während Brommy ohne weitere Umbauten am 30.04.1965 außer Dienst gestellt wurde. Gneisenau folgte am 30.06.1966 und Raule am 20.12.1967.

Die Modelle

Um möglichst unterschiedliche Ausrüstungszustände zu zeigen, aber auch, um die unterschiedlichen Anstriche aus der Anfangszeit der Bundesmarine darstellen zu können, habe ich mich für folgende Varianten entschieden:

  • Gneisenau 1959/60: 3-farbiger Anstrich – drei 102-mm-Zwillingsgeschütze, zwei 2-pdr-Einzelflak
  • Raule 1959: 1-farbiger Anstrich mit hellgrauem Schornstein – ein 102-mm-Zwillingsgeschütz, eine Pompom, ein Zwillings-Torpedorohrsatz, zwei Hedgehog-Werfer
  • Brommy 1962: 2-farbiger Anstrich – ein 102-mm-Zwillingsgeschütz, eine Bofors 40-mm-Einzelflak, zwei Hedgehog-Werfer

Ausgangspunkt für alle drei Modelle ist der IBG-Bausatz (siehe Bausatzbesprechung) eines Geleitzerstörers der Hunt II-Klasse, der in sechs Varianten erhältlich ist. Diese unterscheiden sich nur in Details – nur 700001 Ślązak und 700005 Middleton haben identische Bauteile. Die augenfälligsten Unterschiede gibt es bei der Brückenfront (zwei Varianten), dem achteren Aufbau (mit und ohne Vorbau) und dem Deckshaus vor diesem Aufbau (zwei Varianten). Für die Schulfregatten eignen sich am besten die Bausätze 700001 Ślązak, 700003 Kujawiak oder 700005 Middleton, weil diese die passende Brückenfront haben.

Bei allen drei Schiffen muss der vordere Aufbau an Backbord nach hinten verlängert werden. Der Unterbau des Feuerleitstandes an der Brücken-Rückseite war hinten halbrund und den Feuerleitstand habe ich durch einen größeren Eigenbau ersetzt. Die Radar-Bude an der Hinterkante der Back sollte leicht vergrößert werden, allerdings bei jedem Schiff etwas anders. Die Schanzkleider und Umrandungen sollten dünner geschliffen oder ersetzt werden. Außerdem habe ich die Masten neu hergestellt. Die Schotten habe ich durch Ätzteile von Aber ersetzt und teilweise neu platziert. Für die Rettungsinseln habe ich einen Italeri-Bausatz der USS Forrestal (in 1/720) geplündert. Die Bordnummern bestehen aus Abreibe-Buchstaben und -Zahlen.

Der Umbau

Bei Gneisenau ist der Umbau relativ einfach, da sie eine Hunt II war und der gewählte Bauzustand weitgehend dem Kriegsaussehen entsprach. Raule und Brommy gehörten dagegen zur Hunt III-Klasse und die Schiffe dieses Typs wiesen einige Unterschiede zum Typ II auf:

  • Der Mast stand senkrecht.
  • Der Schornstein war schmaler und nicht nach hinten geneigt.
  • Davits und Boote waren weiter vorne platziert.
  • Mittschiffs wurde ein Zwillings-Torpedorohrsatz geführt.
  • Der achtere Aufbau war etwas länger und saß etwas weiter achtern.
  • Auf dem achteren Aufbau befand sich kein Geschütz.

Schulfregatte Gneisenau

Für den Umbau habe ich hier im Wesentlichen folgende spezifische Änderungen vorgenommen:

  • Die Brückenflügel mit den 20-mm-Ständen wurden vollständig entfernt.
  • Vor der Brücke wurde eine neue Plattform mit Umrandung angebracht.
  • An den Brückenseiten wurden Kabelschächte aus Plastikprofilen ergänzt und an der Brückenfront wurden seitlich Windabweiser aus dünnen Plastikstreifen angebracht.
  • Auf das Deckshaus vor dem achteren Aufbau kam eine runde Plattform mit Umrandung.
  • Die 2 -dr-Geschütze habe ich auf Basis der 20-mm-Oerlikons von Trumpeter hergestellt.
  • Die 102-mm-Geschütze stammen von Flyhawk, ebenso das Motorboot.

Schulfregatte Raule

Dieser Umbau erforderte etwas mehr Aufwand:

  • Auf der Back wurde die Umrandung für das 102-mm-Geschütz bis auf die Vorderseite entfernt und an deren Seiten Wellenbrecher angebracht.
  • Auch hier wurden Kabelkanäle an den Brückenseiten und Windabweiser an der Brückenfront angebracht.
  • Der Schornstein wurde aus Rundmaterial neu hergestellt und mit einer Schornsteinkappe aus Papier versehen.
  • Der achtere Aufbau wurde durch Aufkleben von Plastikstreifen vorne um 1 mm und hinten um 0,5 mm verlängert. Der Aufbau selbst muss so weit nach achtern verschoben werden, dass die Front ca. 4 mm hinter der ursprünglichen Position sitzt.
  • Das Deckshaus vor diesem Aufbau wurde modifiziert.
  • Da es für die Hedgehog-Werfer keine passenden Teile gibt (die Niko-Nachrüstteile sind viel zu groß), habe ich sie mit einer Persenning abgedeckt dargestellt, wie dies auf einigen Fotos zu sehen ist.
  • Das 102-mm-Geschütz ist wieder von Flyhawk und den Zwillings-Torpedorohrsatz habe ich aus einem Drillingssatz von Flyhawk hergestellt.
  • Für die Davits habe ich Nachrüstteile von Starling Models verwendet.

Schulfregatte Brommy

Bei diesem Umbau wurden die Änderungen auf der Back und am achteren Aufbau entsprechend denen bei Raule durchgeführt:

  • An der Brückenfront wurden wieder Windabweiser angebracht, an den Brückenseiten aber nur Antennenhalter.
  • Der Schornstein wurde neu hergestellt und erhielt in Verlängerung der Back einen Unterbau.
  • Das 102-mm-Geschütz ist hier von Niko Model und wurde leicht modifiziert.
  • Das Bofors 40-mm-Einzelgeschütz ist ein Eigenbau aus Papier und gezogenem Plastik.
  • Die Davits sind von Starling Models.

Farbgebung

Der Anstrich der Schulfregatten erfolgte mit den Standardfarben der Bundesmarine. Für die Modelle habe ich folgende Vallejo-Farben verwendet:

  • RAL 7000: Model Air 71.120
  • RAL 7001: Model Air 71.051
  • RAL 7035: Model Air 71.276
  • RAL 7012: Model Air 71.052

Diese Farben entsprechen nicht exakt den Originaltönen. Mir erscheinen sie jedoch unter Berücksichtigung der maßstäblichen Aufhellung recht passend. Deshalb habe ich auf früher von mir benutzte Mischungen verzichtet.

Quellen

  • Gerhard Wagner (Hrsg.): 5 Jahre Bundesmarine (1961)
  • Alan Raven/John Roberts: Hunt class escort destroyers – Man-O-War 4 (1980)
  • John English: The Hunts (1987)
  • Gerhard Koop/Siegfried Breyer: Die Schiffe, Fahrzeuge und Flugzeuge der deutschen Marine von 1956 bis heute (1996)
  • John Roberts: British Warships of the Second World War (2000/2017)
  • Die deutsche Marine (verschiedene Jahrgänge)
  • Jane’s Fighting Ships (verschiedene Jahrgänge)
  • Weyers Flottentaschenbuch (verschiedene Jahrgänge)
  • Fotos aus der Sammlung Drüppel (WZ-Bilddienst) und der Leo van Ginderen Collection sowie aus privaten Sammlungen

Fazit

Ganz schön viel Aufwand für Modelle, die gerade einmal ca. 12 cm lang sind – könnte man meinen. Aber der Ausgangsbausatz war billig und hätte ohnehin einiger Überarbeitung bedurft. Da ich alle drei Modelle parallel gebaut habe, hielt sich der Zeitaufwand durchaus in Grenzen. Der Bastelspaß-Faktor war dagegen ziemlich hoch. Das Ergebnis sind drei Modelle, die zwar nicht höchsten Ansprüchen genügen dürften, aber echte Unikate sind.

Falk Pletscher