Deckelbild

Modell: HMS Belfast 1942
Hersteller: Trumpeter
Maßstab: 1/350
Umfang: 16 graue und zwei klare Spritzgussrahmen, eine Ätzteilplatine, Ankerkette, Nasschiebebilder, Anleitung, Farbprofil
Art.Nr.: 05334
Preis: 70 €

Das Original

Die HMS Belfast ist das letzte erhaltene britische Großkampfschiff des zweiten Weltkriegs. Seit 1971 liegt sie in London direkt stromaufwärts der Tower Bridge vertäut, heute als Außenstelle des Imperial War Museums. Die Belfast wurde von 1936 bis 1939 in Belfast bei Harland & Wolff erbaut, als ein modifizierter Leichter Kreuzer der Southampton-Klasse. Schon kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs lief sie beim Auslaufen aus ihrem Stützpunkt Rosyth im Firth of Forth auf eine deutsche Magnetmine und erlitt schwerste Beschädigungen und Verformungen am Schiffsboden und im Maschinenbereich. Es wurde trotz des Ausmaßes der Beschädigungen entschieden, das Schiff zu reparieren. Nach Wiederherstellung der Fahrbereitschaft wurde die Belfast im Juni 1940 in die Marinewerft Devonport/Plymouth verlegt und dort umfassend repariert und modifiziert. Diese Reparatur dauerte über zwei Jahre, erst im November 1942 trat sie wieder zur Flotte. Neben der Beseitigung der Schäden und Deformationen durch den Minentreffer wurde der Panzergürtel der Belfast vergrößert, zur Verbesserung der Stabilität ein Rumpfwulst angebaut sowie die Bewaffnung und Ausrüstung mit Sensoren verbessert. Sowohl ihre Breite als auch ihr Tiefgang und ihre Verdrängung hatten sich durch den Umbau merklich erhöht.

Bis zum Juli 1944 wurde sie umfassend in europäischen Gewässern eingesetzt. Sie geleitete Konvois auf der Nordroute nach Murmansk, sie war an der Versenkung der Scharnhorst beteiligt, und sie leistete Feuerunterstützung bei der Invasion in der Normandie. Ab Juli 1944 wurde sie überholt und zum Einsatz im Pazifik umgerüstet, wohin sie im Juni 1945 aufbrach. Dabei wurde die Luftabwehr verstärkt und die Wohnräume zum Einsatz in tropischen Gewässern umgerüstet. Das Schiff traf jedoch erst nach der japanischen Kapitulation im Einsatzgebiet ein.

Bis 1947 und nach einer Überholung wieder ab 1948 wurde die Belfast in Asien eingesetzt, wo sie sich auch beim Ausbruch des Koreakriegs 1950 befand. Dort wurde sie bis November 1952 umfassend eingesetzt. Nach Rückkehr in die Heimat wurde das Schiff zur Reserve versetzt und verblieb dort bis 1955, als beschlossen wurde, es zu modernisieren. Die Belfast wurde unter anderem aufgrund ihrer guten Stabilität nach den Umbauten nach ihrem Minenschaden zur Modernisierung ausgewählt. Beim Umbau 1956-59 änderte sich das Erscheinungsbild der Belfast deutlich: Ihr Brückenaufbau wurde vergrößert und geschlossen, um auch im Fall eines ABC-Angriffes Schutz zu bieten; ihre Dreibeinmasten wurden durch Gittermasten ersetzt; bis auf das Achterdeck wurde ihr Holzdeck entfernt. Die leichte Bewaffnung wurde komplett erneuert, die Torpedorohre wurden entfernt, die Ausrüstung an Sensoren umfassend erneuert. In diesem Rüstzustand fuhr die Belfast jedoch nur noch bis zum Sommer 1963, als sie endgültig außer Dienst gestellt wurde. Sie lag 1967 im Fareham Creek bei Portsmouth, als zuerst der Gedanke aufkam, sie als Museumsschiff zu erhalten. Die Regierung entschied jedoch dagegen, und im Mai 1971 wurde die Belfast zur Verschrottung freigegeben. In letzter Stunde formierte sich eine Stiftung, die große Unterstützung von ehemaligen Militärs und Parlamentariern erhielt, und bereits im Juli des gleichen Jahres wurde die Belfast nach London geschleppt und am Trafalgartag (21. Oktober) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Stiftung konnte den Erhalt des Schiffes jedoch nicht lange sicherstellen und glücklicherweise übernahm das staatliche Imperial War Museum 1978 das Schiff als eine weitere Außenstelle neben dem Flugfeld von Duxford. Seitdem ist die Belfast eine der großen Touristenattraktionen Londons und gehört zum Stadtbild. Ihr Unterhalt und ihre Erhaltung wird jedoch zusehends teurer und schwieriger, und es bleibt zu hoffen, dass dieses Schiff noch möglichst lange Bestand hat.

Der Bausatz

Endlich gibt es nun einen Spritzgussbausatz der Belfast im beliebten Maßstab 1:350, und damit den ersten britischen Kreuzer des Zweiten Weltkrieges in diesem Medium und Maßstab. Der chinesische Hersteller Trumpeter produziert die Belfast im Zustand von 1942, nach dem großen Umbau nach dem Minenschaden. Der stabile Karton ist prall gefüllt mit insgesamt 16 grauen und zwei klaren Spritzrahmen, die allesamt qualitativ hochwertig, sauber detailliert und technisch auf der Höhe der Zeit hergestellt sind. Dem Bausatz liegt ein Ständer für das Modell bei. Die Bordflugzeuge vom Typ Walrus liegen – wie heute Standard ist – in klarem Material gespritzt bei. Eine Ätzteilplatine enthält eine Auswahl an Bauteilen, die sich nicht im Spritzguss wiedergeben lassen. Ein Bogen Nasschiebebilder enthält Flaggen, Tiefgangsmarkierungen sowie Markierungen für die Bordflugzeuge. Ein Stück Ankerkette liegt ebenfalls bei.

Eine Wasserlinienoption ist eindeutig nicht vorgesehen. Die beiden Rumpfhälften werden durch mehrere Querversteifungen stabilisiert, wer hier ein Wasserlinienmodell bauen will, muss selbst tätig werden.

Das Deck ist dreiteilig, die Plankenstöße sind fein graviert. Die Musterung auf dem Vordeck wirkt nicht vorbildgerecht. Spritzling B enthält die Rumpfversteifungen und einige Aufbaudecks. Spritzling C umfasst unter anderem die Schornsteine und die Vorderfront der Brücke. Spritzling D enthält die Namenstafel, den Wellenbrecher und Wände der Aufbauten. Spritzling E enthält unter anderem Schraubenwellen, Wellenböcke, Schrauben, Ruder, Masten und Verkehrsboote. Der doppelt vorhandene Spritzling F enthält Pompoms, Kräne, Carley-Flöße und weitere Verkehrsboote. Spritzling G ist vierfach vorhanden und umfaßt die Hauptbewaffnung mit den 6-Zoll-Türmen sowie die 4-Zoll-Geschütze. Kritische Teile sind mit geteilten Formen hergestellt, so auch Spritzling H mit zwei Aufbautenteilen. Jeder der beiden klaren Spritzlinge enthält die Teile für ein Walrus-Wasserflugzeug. Die Tragflächenstreben sind sehr massiv ausgeführt, die Tragflächen sind nur ausgeklappt dargestellt.

Im Großen und Ganzen ist der Bausatz korrekt und maßhaltig, aber er enthält auch einige Ungenauigkeiten bzw. Fehler im Vergleich zum Vorbild.

Die Belfast ist einerseits gut dokumentiert, weil sie noch erhalten ist, aber sie entspricht heute in vielerlei Hinsicht nicht mehr dem Bauzustand, den das Modell wiedergeben soll. Zum Schiff gibt es jedoch auch Literatur, in der der damalige Bauzustand recht umfassend beschrieben ist. Folgende Diskrepanzen fallen auf: Am Rumpf befinden sich stiftartige Objekte auf Höhe der unteren Bullaugenreihe am Vorschiff. Diese hat nur das Museumsschiff, es sind nachträglich eingebaute Belüftungen. Ferner entspricht die Ankerausrüstung mit nur einem Anker an Steuerbord dem Zustand nach dem Umbau aus den Fünfziger Jahren und damit dem Zustand des Museumsschiffes. Lassen sich die Stifte noch leicht entfernen, müsste hier eine Klüse in der Bordwand hinzugefügt werden. An Deck ist zwar die überplattete Öffnung des Kettenkokers sichtbar, diese liegt aber nicht dort, wo sie auf den Plänen der Belfast zu sehen ist. Hier müsste also am Deck das eine oder andere umgebaut werden. Allerdings entspricht auch die Struktur des Ankerdecks nicht dem Original.

An der Brücke wird der umlaufende Windabweiser zwar durch ein Ätzteil, aber nicht korrekt wiedergegeben. Er liegt als ein umlaufendes Gitter vor, während es sich um ein umlaufendes Blech, das mit einer großen Zahl an Abstandhaltern befestigt ist, handelt. Hier scheint es sich um eine Fehlinterpretation einer Zeichnung zu handeln.

An den schweren Türmen sind zwar die jeweils mittleren Rohre korrekt weiter hinten liegend wiedergegeben, aber sie heben sich mit den seitlichen Rohren auf einer gemeinsamen Achse, was nicht vorbildgerecht ist. Am Museumsschiff ist schön zu sehen, wie es aussieht, wenn die Rohre gehoben werden.

Großes Aufsehen hat es im Internet bereits um die Wiedergabe der beiden Schornsteine der Belfast gegeben. Am Bausatz haben diese eine schöne Oberflächendetaillierung, aber auch einen deutlichen Größenunterschied. Nach zahlreichen Mutmaßungen ergab sich der weitgehende Konsens, dass die Schornsteine im Original gleich groß sind. Das hatte solange Bestand, bis ein Interessierter den Umfang der Schornsteine tatsächlich am Original abmaß und herausfand, dass die Schornsteine sich wirklich unterscheiden, aber nicht in dem Ausmaß, wie es der Bausatz zeigt. Allein durch die unterschiedliche Farbe und den eingeschränkten Blickwinkel ist es schwer, am Original optisch Schlüsse zu ziehen, von daher ist der Einsatz dieses Modellbaukollegen nicht hoch genug zu bewerten. Die Firma White Ensign Models hat bereits ein Resin-Korrektur-Set angekündigt, das korrekte Schornsteine sowie Kompassplattformen enthalten soll.

Das Modell enthält vier 20 mm Oerlikons-Einzellafetten, beim Original wurden im Juni 1943 vier weitere hinzugefügt. Insgesamt entspricht der Bauzustand diesbezüglich der ersten Hälfte des Jahres 1943, bevor die Bordflugzeuge im Juni von Bord gegeben wurden.

Die Fotoätzteile

Die Ätzteilplatine ist sauber gemacht, aber alles andere als vollständig; hier ist zumindest der Zukauf von passenden Relings, oder eher bei einem so aufwendigen Bausatz, der Kauf eines passgenau entwickelten Ätzteilsatzes zu überlegen. Derzeit bietet WEM einen umfassenden Ätzteilsatz für den Bausatz an, es kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Anbieter folgen werden.

Die Anleitung

Die Bauanleitung ist umfassend und klar gegliedert, sie wird durch ein Farbprofil mit Hinweis auf die Farben verschiedener Hersteller ergänzt. Letzteres gibt das komplexe Tarnmuster des Schiffes wieder und sollte die Bemalung erleichtern.

Das Farbprofil zeigt das Schiff in Dreiseitenansicht und verweist auf Farben von Gunze, Vallejo, Model Master, Tamiya und Humbrol. Bestimmte Farbtöne müssen gemischt werden. Die eigentlichen Farbbezeichnungen fehlen. Es sind von dunkel nach hell 507A, B5, B6 und 507C. Alle diese Farbtöne sind als lösungsmittelbasierte Farben von WEM erhältlich, jedoch nicht als Acrylfarben. Das Farbprofil zeigt die Holzdecks des Schiffes unbemalt, im Gegensatz zur Aussage des Fachmanns Alan Raven in Warship Perspectives, nach dem es im Dunkelgrauton AP 507 A getarnt war, mit Ausnahme der Überhänge der schweren Türme (wenn längsschiff gerichtet), unter denen es weiß bemalt war.

Referenzen

Fazit

Im Ganzen ist dieses ein empfehlenswerter Bausatz, der sauber produziert ist, jedoch den einen oder anderen vermeidbaren Fehler aufweist. Wer daran interessiert ist, seine Belfast möglichst vorbildgetreu nachzubauen, wird nicht darum umhin kommen, hier Recherche zu betreiben und bestimmte Aspekte abzuändern.

alt guter Durchschnitt

Frank Spahr

Wir danken Faller für das Bausatzmuster