Minensucher in Kiel

Als Ersatz für die Boote der Klasse 331 wurden von 1992 bis 1998 insgesamt zwölf Einheiten der Klasse 332, der Frankenthal-Klasse, gebaut. Basierend auf dem amagnetischen Einheitsrumpf, welcher mit der Klasse 343 eingeführt wurde, gibt es, Auftrags- und somit Ausstattungsbedingt, signifikante Unterschiede zu jenen. So verfügten die Boote der Klasse 332 in ihrer Erstausstattung über die Drohne „Pinguin B3“, mittlerweile erfolgt hier die Umrüstung auf die Drohne „Seefuchs“. Dieses System benötigte einen Hangar für die Drohnen und einen großen Kran um die Drohnen aussetzen zu können. Auch für das Haupt-„Waffensystem“, die eingeschiffte Minentaucherkomponente wurden extra Räumlichkeiten benötigt, welche einen Raum zum Füllen der Atemflaschen, eine Taucherdruckkammer und einen Taucherstore zur Einsatzvor- und Nachbereitung umfassen wie auch eine entsprechende Bootsaussetzvorrichtung. Dies führt grade im Bereich der achteren Aufbauten zu deutlichen Unterschieden.

Da die Boote der Klasse 332 im eigenen Küstenvorfeld operieren, wurde bei ihnen anfangs nur eine optisch gerichtete 40 mm FlaK, ergänzt durch Fliegerfaust „Stinger“, eingerüstet. Mittlerweile wurde auf allen Einheiten die Umrüstung auf das 27 mm MLG abgeschlossen, welches sich mit der ebenfalls nachgerüsteten MSP500 richten lässt. Auch in antriebstechnischer Hinsicht unterscheiden sie sich von der parallel entstandenen Klasse 343 dadurch, dass sie zur Minenjagd über einen elektrischen Antrieb, gespeist aus schallgekapselten Dieseln, verfügen, um so die akustischen Signatur zu verringern und die Manövrierfähigkeit zu erhöhen.

2006 wurden die Boote Frankenthal (M1066) und Weiden (M1060) an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verkauft, wo sie gegenwärtig als Al Madjan (M 01) und Al Hasbah (M 02) in Dienst stehen. Das Minenjagdboot Rottweil (M1061) wurde 2007/2008 zum Minentauchereinsatzboot umgerüstet. Selbiges ist auch für die Bad Rappenau (M 1067) vorgesehen. Somit befinden sich gegenwärtig noch acht Einheiten in ihrer ursprünglichen Funktion im Dienst.

Die Einheiten der Klasse 343 entstanden im gleichen Zeitraum wie die Boote der Klasse 332 unter Nutzung des Einheitsrumpfes aus amagnetischem Stahl. Da sich ihr Auftrag grundlegend von jenem der Klasse 332 unterschied, führte dies zu den genannten Abweichungen in Aufbauten und Ausstattung. Die Klasse 343, klassifiziert als schnelles Minenkampfboot, sollte unter Feindbedrohung im schnellen Einsatz offensive und defensive Minensperren legen können. Dies bedingte eine hohe Minenzuladung, bis zu 60 Minen, und eine relativ starke Bordwaffenkomponente. Diese bestand aus 2x 40 mm FlaK, welche mittels Radar gerichtet werden konnten, sowie der Fliegerfaust „Stinger“. Dias über der Brücke befindliche Radarsystem ist, zusätzlich zu den abweichenden achteren Aufbauten, eines der signifikantesten Unterscheidungsmerkmale der beiden Klassen. Ebenfalls wurde das Datenverbundsystem Link 11 an Bord eingerüstet. Zusätzlich sollten die Boote dieser Klasse noch als Minenräumeinheiten Verwendung finden können, so dass sie, unter der achteren 40 mm, zusätzlich ein mechanisches Räumgeschirr erhielten. Nach dem Ende des Kalten Krieges erfuhren die Einheiten aufgrund des geänderten geopolitischen Umfeldes eine Umwidmung, inklusive entsprechenden Umrüstung. Aus ihnen gingen die Minenjagdboot Klasse 333 und die Hohlstablenkboot Klasse 352 hervor.

Die fünf Einheiten der Minenjagdboot-Klasse 333, die Kulmbach-Klasse, erhielten im Zuge ihrer Umrüstung aus der Klasse 343 heraus, anstatt ihres mechanischen Räumgeschirrs eine verbesserte Minenjagdausrüstung. Dies besteht aus der Drohne Typ „Seefuchs“. Dieses System setzt sich aus zwei Drohnenversionen zusammen. Die Version „I“ dient mit Nahbereichssonar und Kamera der Identifikation der Mine, während die Version „C“ mittels des Sprengkopfes, basierend auf der Panzerfaust 3, die Mine vernichtet. Die Version „C“ ist aufgrund dessen auch als Einwegdrohne ausgelegt. Die starke Bordwaffenkomponente wurde zunächst beibehalten, um dann im Zuge der allgemeinen Umrüstung durch 1x 27 mm MLG ersetzt zu werden. Der Dieselantrieb dieser Boote wurde so modifiziert, dass er auf sehr niedriger Drehzahl läuft, um so die akustische Signatur zu verringern und Manövrierfähigkeit zu erhöhen. Dies bedingt aber eine starke Verkokung der Ventile, so dass die Einsatzzeit im Minengebiet dadurch limitiert ist. Entgegen anderslautenden Aussagen ist der Motorenraum dieser Einheiten nicht als Schallkapsel ausgeführt worden, da dies technisch nicht möglich ist. Zurzeit sind nur noch drei Einheiten dieser Klasse (M1095, M1096 & M1099) in Dienst.

Die aus fünf Einheiten bestehende Hohlstablenkboot-Klasse 352, die Ensdorf-Klasse, ersetzten die Einheiten der Klasse 351 in dieser Funktion. Ihr Hauptwaffensystem wurden im Zuge dieser Umrüstung die Hohlstabdrohnen des Typs „Seehund“, von denen jede Einheit bis zu vier mitführen kann (siehe auch hier). Diese knapp 98 Tonnen verdrängenden Drohnen sind im Transit mit zwei Mann besetzt und werden im Einsatz vom Mutterboot aus ferngelenkt. Zusätzlich bekamen diese Einheiten ebenfalls das System „Seefuchs“ eingerüstet, wenn auch in geringerer Dotierung als die Klasse 333. Ebenfalls behielten sie ihr mechanische Räumgeschirr und ihre starke FlaK-Komponente, wie auch die Klasse 333, bevor auch sie im Zuge der Umrüstung 1x 27 mm MLG erhielten.

Alle noch in Dienst befindlichen Einheiten der Klassen 332, 333 & 352, inklusive der drei zugehörigen Tender der Klasse 404, haben ihren Heimathafen seit 2006 im Marinestützpunkt in Kiel, gegliedert in das 3. & 5. Minensuchgeschwader.

Weiter gilt es die Minenjagd vom Minensuchen und dem Minenräumen zu unterscheiden. Im Zuge der Minenjagd werden die Minen mittels hochauflösender Sonargeräten detektiert und dann durch den Einsatz von Minentauchern oder Drohnen entschärft oder gesprengt. Bei der Minensuche fährt man mit dem ausgebrachten Geschirr durch ein als verseucht angenommenes Gebiet, allerdings ohne die Eigenvoraussicherung mittels Minenjagdsonar. Das Minenräumen hingegen bezeichnet den Vorgang der Minenbeseitigung an sich, sei es per Geschirr, Tauchern oder Drohnen.

Die Minenabwehreinheiten hat Lars auf der Kieler Woche am 16. Juni 2012 fotografiert:

Quellen:

Lars (Fotos), Mathias Carl (Text)