Deckelbild

Modell: Battlecruiser HMS Tiger, 1914
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/350
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 3534WL
Preis: ca. 250 € (Vollrumpfmodell: 340 €)

Nach der SMS Seydlitz liegt mit der HMS Tiger das Pendant der Royal Navy im Maßstab 1:350 vor.

Es ist erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit und Qualität der russische Hersteller Kombrig seine Produktpalette im Maßstab 1:350 erweitert. Zusätzlich zur HMS Tiger sind weitere Neuheiten in Form der SMS Bayern und Baden erschienen. Die Qualität der Bausätze bleibt dabei auf einem erstaunlich hohen Niveau und es zeigt sich, dass konstruktive Kritik in Richtung der Verpackung der teilwiese extrem filigranen Bauteile aufgenommen wird. So sind bei der vorliegenden Tiger alle Teile in drei separaten, mit Styroporchips gefüllten Kartons verpackt. Lediglich bei der knappen Bauanleitung bleibt der Hersteller seinem Layout treu. Doch genug philosophiert, schauen wir uns das Original sowie den Inhalt des Kartons einmal genauer an!

Das Original

Beginnend mit dem Bau der HMS Dreadnought sowie der noch weitaus revolutionäreren HMS Invincible nahm zum Anfang des 20. Jahrhunderts ein maritimer Rüstungswettlauf seinen Anfang, der letztendlich im 1. Weltkrieg mündete. Großbritannien mit der britischen Admiralität unter Lord Fisher sowie das deutsche Kaiserreich mit Großadmiral Tirpitz an der Spitze des Reichsmarineamtes, gingen dabei bei der Auslegung und Planung der Schiffstypen nach HMS Dreadnought nicht wesentlich andere Wege. Das all big gun battleship sowie der battlecrusier waren ab 1906 die bestimmenden Schiffstypen, wobei sich die Kostenspirale von Etatjahr zu Etatjahr immer höher schraubte. In vielen Bereichen wurde dabei Neuland betreten. So fand der Turbinenantrieb und die Ölfeuerung Einzug in den Schiffbau. Neben der Anforderung an die Geschwindigkeit und Panzerung stieg von Jahr zu Jahr die Größe der Geschützkaliber und damit auch die Kosten. Der im Etatjahr 1911 geplante Schlachtkreuzer wurde unter der Baunummer 418 am 20. Juni 1912 bei der Werft John Brown and Company auf Stapel gelegt. Der Stapellauf erfolgte am 15. Dezember 1913, wobei das Schiff auf den Namen HMS Tiger getauft wurde. Aufgrund des Kriegsausbruchs fand die Indienststellung beschleunigt am 03. Oktober 1914 statt.

HMS Tiger verdrängte voll ausgerüstet 35.000 ts und lief bei einer Antriebsleistung von 85.000 PS rund 28 Kn. Die Bewaffnung bestand aus 8 Stück 13,5 “ (34,5 cm) Geschützen in vier Doppeltürmen. Die Mittelartillerie verfügte über 12 Stück 6“ (15,2 cm) Geschütze in Einzellafette. Die Panzerung erstreckte sich über alle wichtigen Einrichtungen des Schiffes und reichte von 76 mm im Panzerdeck und 127 mm starke Panzerschotten bis hin zu dem 229 mm starken Gürtelpanzer. Die Türme der Artillerie sowie der Kommandoturm verfügten über eine dem Gürtelpanzer identische Panzerstärke! Abweichend von den vorhergehenden Entwürfen verfügte HMS Tiger über angemessen Panzerstärken, konnte aber mit den deutschen Bauten der Periode nicht ganz mithalten. Der Panzer der HMS Tiger zeigte sich dabei als stabil, was sich trotz 18 leichten und schweren Treffer bei der uneingeschränkten Verwendung des Schiffes in der Seeschlacht vor dem Skagerrak zeigte.

Nach der Indienststellung wurde das Schiff in die 1. Battlecruiser Squadron eingegliedert. Auf Grund des Kriegsbeginns und den ersten Verlusten bzw. Gegenmaßnahmen erfolgte die Indienststellung und Eingliederung in die Flotte überhastet. Den ersten scharfen Einsatz erlebte HMS Tiger am 23. Januar 1915 bei der Schlacht auf der Doggerbank. Trotz der britischen Überlegenheit konnte lediglich SMS Blücher unter hohen Personalverlusten versenkt werden. Tiger erhielt sechs Treffer, konnte selber aber nur zwei Treffer bei 355 abgefeuerten 34,5 cm-Geschossen verbuchen. Sicher eine Auswirkung der überhasteten Indienstellung und knappen Ausbildung der Crew. Anschließend erfolgte ein Werftaufenthalt sowie Flottendienst in der Nordsee. In der zweiten Jahreshälfte befand sich das Schiff bis Ende Dezember 1915 in der Werft.

Das Jahr 1916 sah am 31. Mai 1916 die größte Seeschlacht der Geschichte. Ausgetragen zwischen Einheiten, ausgestattet mit Geschütze vom 28 cm bis hin zum 38 cm Kaliber, die 350 – 800 kg schwere Granaten rund 20 km weit verschießen konnten. Die Kohle- und Öl-gefeuerten Schlachtkreuzer bzw. Großen Kreuzer liefen dabei Geschwindigkeiten von rund 28 Kn. Mitten in dieser Masse von hunderten von Schiffen lieferte sich HMS Tiger einen andauernden Kampf mit den deutschen Hochseestreitkräften. Selber 18 mal getroffen, erzielte Tiger lediglich drei Treffer auf den deutschen Einheiten. Eine weitere, ergebnislose Gefechtsberührung mit Einheiten der Hochseeflotte ergab sich erst wieder im November 1917.

Nach Kriegsende im November 1918 fand HMS Tiger bei der anschließenden Verkleinerung der Royal Navy ab 1922 als Schulschiff Verwendung. In dieser Eigenschaft verblieb der Kreuzer bis zum 31. März 1930 im aktiven Dienst. An diesem Tag erfolgte die Außerdienststellung des zu der Zeit letzten, mit Kohlen befeuerten Großkampfschiffen der Royal Navy.

Der Bausatz

Der Bausatz zeigt HMS Tiger im Bauzustand von 1914 – 1916. Der unscheinbare Karton mit einem kleinen Deckelbild des Originals beinhaltet drei kleine Pappschachtel mit den Kleinteilen sowie die in Knisterfolie verpackten Rumpfbauteile. Der Karton sowie die kleinen Umverpackungen sind mit Styroporchips gefüllt. Die Kleinteile befinden sich zusätzlich in Klarsichtbeuteln. Entgegen den bisher bekannten Verpackungen des Herstellers wird nunmehr ein größeres Augenmerk auf die sichere Verpackung der Bauteile gelegt. Das zahlt sich unter dem Strich für den Käufer aus, in meinem Fall ist lediglich ein Kleinteil beschädigt! Insgesamt beinhaltet der Bausatz 161 Resinteile sowie eine Fotoätzplatine. Leider ist keine geätzte Reling vorgesehen, so dass diese zusätzlich aus dem Zubehör erworben werden. Die Resinteile sind von der bekannten, filigranen hohen Qualität des Herstellers. Die Teile sind vorsichtig zu handhaben, da das Material recht spröde ist und schnell brechen kann.

Das Überwasserschiff ist in einem Teil hohl gegossen. Das spart einerseits Material und vor allem Produktionszeit und Herstellkosten. Die Oberflächen sind sauber und scharfkantig ausgeführt. Die Struktur des Oberdecks wirkt für den Maßstab schon beinahe zu filigran. Auch alle weiteren Oberflächendetails zeugen von der Liebe zum Detail und somit der sauberen Arbeit der Modelleure und Gießer. Das einteilige Aufbaudeck passt hervorragend, lediglich die hinteren Türen befinden sich direkt vor einer, am Rumpf angebrachten Staukiste. Ein Problem, welches einfach zu beheben sein sollte! Das Rumpfbauteil selber verfügt über einen umlaufenden Anguss, dieser sollte unter zu Hilfenahme eines Dremel o.ä abgetrennt werden.

Die weiteren Aufbau- und Kleinteile sind teilweise mit einem kleinen Anguss versehen oder befinden sich gesammelt auf einer kleinen Platine. In jedem Fall ist Vorsicht beim Abtrennen der Bauteile geboten, damit die filigranen Bauteile nicht beschädigt werden. Das Material ist recht spröde, was einerseits die extrem filigrane Ausführung der Bauteile ermöglicht, gleichzeitig aber auch für einen schnellen Bruch bei unvorsichtiger Handhabung verantwortlich ist.

Die Qualität von Guss und Oberflächendetaillierung ist ausgesprochen hoch. Das fängt bei den Türmen der schweren Artillerie an, geht über die Beiboote bis hin zu den kleinen Geschützen und Scheinwerfern. Die Teile der Scheinwerferstände und Brückenaufbauten zeigen umlaufende Brüstungen. Wer möchte, kann diese abtrennen und durch eine geätzte Reling ersetzen. Für die Masten ist Messing o.ä. Rundmaterial zu verwenden, welches dem Bausatz aber leider nicht beiliegt.

Der Bootskran ist ebenfalls durch einen Rundstab darzustellen, wobei aber Fotoätzteile und ein Resinteil für eine ausgesprochen hochwertige Detaillierung beiliegen. Was bei der Betrachtung der Bauteile immer wieder begeistert, ist die sehr glatte und sauber gegossene Oberfläche sowie die extrem scharfen Körperkanten. Ein richtiges Schmuckstück des Bausatzes sind die Dampfpinassen und Beiboote, die von einer bestechenden Qualität sind.

Die Fotoätzteile

Die Fotoätzplatine beinhaltet Leitern, Türen, Schornsteinkappen, Auflager für die Boote, Unterzüge und Kabeltrommeln. Die Teile auf der Platine sind sauber und in einer adäquaten Materialdicke umgesetzt. Einziges Manko: es fehlt die Reling!

Die Anleitung

Einziger Schwachpunkt des Bausatzes ist die etwas mager gehaltene Bauanleitung. In Anbetracht der Größe des Models und der Anzahl an Bauteilen scheinen mir detaillierte Informationen an der ein oder anderen Stelle als durchaus Sinnvoll. Auf dem Blatt zur Montage des Masten geht man aber bereits den Weg in die richtige Richtung!

Fazit

Kombrigs HMS Tiger ist der erste Bausatz des Schlachtkreuzers im Maßstab 1:350. Die Umsetzung ist vollkommen gelungen, wobei sich neben viel Licht auch ein wenig Schatten in Form der fehlenden Reling zeigt. Raum für zusätzliche Detaillierungen oder Umbauten in einen späteren Bauzustand sollten den ambitionierten Modellbauer vor keine Probleme stellen. Es sei angemerkt, dass der Bausatz nicht für den Einsteiger in den Bau von Resinmodellen geeignet ist!


alt empfehlenswert

Christian Bruer