Das Dampfschiff Rigi ist der älteste, noch erhaltene Seitenraddampfer der Schweiz.

1848 – 1952 auf dem Vierwaldstättersee, seit 1959 im Verkehrshaus der Schweiz.

Das Original


Weil das Schiff aus Konkurrenzgründen nicht bei Escher-Wyss in Zürich bestellt werden konnte, ging der Bauauftrag zusammen mit einem zweiten Dampfer an die Londoner Firma Dichtborn & Mare. Von Stapel gelassen fuhr das Schiff 1847 aus eigener Kraft über den Ärmelkanal und den Rhein hinauf bis Strassburg. Hier wurde es zerlegt und mit der Bahn bis Basel und dann – es gab noch keine Eisenbahnlinie in die Zentralschweiz – auf Fuhrwerken bis nach Luzern transportiert, wo der Zusammenbau und die Endfertigung erfolgte. Am 16. März 1848 lief DS Rigi vom Stapel und unternahm im gleichen Jahr auf dem Vierwaldstättersee ihre Jungfernfahrt von Luzern nach Flüelen im Kanton Uri. 

Technische Daten des ursprünglichen Dampfers von 1848

Länge                            35,0 Meter (1860 um 4 Meter verlängert)
Breite                            8,5 Meter
Leerverdrängung            67 Tonnen
Tragkraft                       20 – 25 Tonnen
Besatzung                      9 Mann 

Das Schiff war mit einer Niederdruckmaschine der englischen Firma Penn & Sohn ausgerüstet. 24 kW ermöglichten eine Geschwindigkeit von ca. 19 km/h. Gefeuert wurde mit Holz, da damals in der Schweiz Kohle kaum verfügbar war.

Die Glattdeckbauweise entsprach ihrer Verwendung als Post- und Frachtschiff und bildete als solches eine Transportetappe auf der Transitroute Nord-Süd durch die Schweiz. Von Norden her erreichte die Bahn von Basel herkommend Luzern. Von hier ging es mit dem Schiff weiter bis nach Flüelen am südlichen Ende des Vierwaldstättersees. Von dort wurden die Waren mit Pferdefuhrwerken und auf Saumtieren über den Gotthardpass Richtung Süd weiterbefördert.

Mit der Eröffnung der Gotthardbahn im Jahre 1882 verlor der Seetransport an Bedeutung. Dafür sprang der aufkommende Tourismus in die Lücke. Die Schiffe wurden für den Personentransport hergerichtet. Auch die Rigi wurde umgebaut, erhielt eine neue Maschine und bot nun für den Regionalverkehr auf dem See bis 200 Passagieren Platz.

Weitere Umbauten folgten: Umstellung von Holz auf Kohle, Verlängerung um vier Meter, Einbau anderer Antriebsräder mit beweglichen Schaufeln, Veränderung der Aufbauten durch den Anbau eines Salons und eines Steuerstandes. Aus dem schwarz und grau bemalten Glattdeckdampfer wurde ein eleganter, weiss gestrichener Salondampfer.


1958, nach über 100 Dienstjahren wurde das „Rigeli“, wie es im Volksmund genannt wurde, ins Verkehrshaus der Schweiz überführt und diente dort im Freien aufgestellt als Restaurant.

Im Zuge einer Umgestaltung des Museums wurde beschlossen, das Schiff zu restaurieren und gleichzeitig in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Es fand eine neue Aufstellung vor der Schifffahrtshalle. 


Leider verschlechterte sich der Zustand des Schiffes durch Witterungseinflüsse ausserordentlich stark und geriet trotz aller Mühen in einen bedenklichen Zustand.

Eine erneute Restauration wurde notwendig. Seit Oktober 2021 repräsentiert sich das Schiff nun in entschlackter Form nur noch in seinen original erhaltenen Teilen den interessierten Museumsbesuchern.

Der Modellbaubogen

Das Verkehrshaus der Schweiz (VHS) hatte im Jahre 1985 einen Modellbaubogen im Massstab 1:100 zu einem etwas erhöhten Preis (Fr.10.—) herausgegeben, um damit einen Beitrag zur damaligen Instandsetzung des Schiffes zu generieren. Die Modellkonstruktion von Marco Schäfer ist sehr präzise gezeichnet und die Teile passen, exaktes Arbeiten vorausgesetzt, ausgezeichnet. Das Modell zeigt den letzten Bauzustand der RIGI kurz vor ihrer Ausserdienststellung im Jahre 1952.

Die vier A4 grossen Baubogen (dargestellt sind zwei davon) werden von einer informativen und sehr gut bebilderten Baubeschreibung begleitet.


Meine Absicht war, den Modellbogen als Basis zu verwenden und das Modell mit 3D Eigenanfertigungen zu ergänzen und zu detaillieren.

Der Baubericht

Der voll ausgebildete Rumpf besteht aus vier Teilen, die Schott an Schott miteinander verklebt werden.

 


Bevor das Deck aufgeklebt werden kann, muss ein Gerippe zur Stützung der Schaufelradkasten und des Schiffmittelteils montiert werden. Eingeklebt wurden auch die Schiffsböden mit dem Dampfkessel. Der Kamin ist vorläufig nur eingesteckt. Das Dampfrohr mit der Dampfpfeife wurde zusätzlich ergänzt, der Kaminrand oben mit einer Rundleiste abgeschlossen.


Die beweglichen Antriebsräder sind als Radscheiben mit einsteckbaren Schaufelblättern gedacht und in der Struktur richtig dargestellt. Ich habe den Karton aufgedoppelt und bei Fünfachteln des Triebrades – soweit wie später sichtbar –  die Zwischenräume herausgeschnitten. Das ist zwar aufwändig, bringt optisch aber einen wesentlichen Mehrgewinn und lässt das Modell authentischer aussehen.


Das bugseitige Deck ist bereits eingeklebt, ebenfalls die Niedergänge vor und nach der Antriebseinheit.

Probehalber sind die Schaufelräder eingesetzt. Es passt alles hervorragend. Die Kraftübertragung auf die Antriebswelle ist nur angedeutet, ist später aber wie auch Kessel und Niedergänge eh nicht mehr sichtbar.


Die kleine Auslegeordnung zeigt die vorgefertigten Bauteile bereit zum Einkleben.


Die Radkästen sind angebaut, ebenfalls die Stirnwand und die Wände des Salons auf dem Achterdeck.

Das montierte Steuerhaus und das eingesetzte Dach lassen die charakteristische Form eines Seitenraddampfers deutlich erkennen.

Jetzt geht es um die Details

Sie sind, wenn überhaupt, nur rudimentär vorhanden, bzw. aufgedruckt. Darum ist Eigenanfertigung angezeigt. Dafür verwende ich – die Kartonbaupuristen mögen es mir verzeihen – meist Plastikmaterial.

Beispielsweise sind alle Poller auf den Bordwänden nur aufgedruckt. Also wurden die Lücken ausgeschnitten und die Poller in 3D angefertigt.

Sämtliche Masten bestehen aus konisch zugeschliffenem Plastikrundmaterial.

 


Das Beiboot und die Davits achtern fehlen gänzlich, sodass ich eines nach meiner Methode (Mutterform aus Kunststoff herstellen, mit Bleifolie (Zapfenschutz bei Weinflaschen) überformen, Boden und Ruderbänke einsetzen) anfertigte. Anfänglich orientierte ich mich an der ursprünglichen Konfiguration des Schiffes, welches ein Beiboot mit abgeschnittenem Heck aufwies. Weil der Modellbaubogen aber das DS Rigi bei der Ausserdienststellung zeigt, musste ich ein zweites Boot mit spitz zulaufendem Bug und Heck anfertigen.

 


Die beiliegenden, „flachen“ Lufthutzen wollten gar nicht gefallen, darum wurden mit Dremel und Schleifen die benötigten Lüfter aus Plastikmaterial herausgearbeitet.


Auch je zwei, vorn und achtern am Schanzkleid aufgemalte Spieren wurden ersetzt.


Hier sind einige der selbst angefertigte Zutaten versammelt: Rettungsringe, ein Abzugsrohr, Lüfter und Lufthutzen, Poller, Masten und Positionslampen. Die schwarzen Handläufe entlang des Schanzkleides sind mit schwarzen Kartonstreifen aufgedoppelt.


Für die Bugsektion wurde eine Ankerwinde mit Anker und Schiffsglocke nachgebaut, eine äusserst knifflige Angelegenheit!


Das bei den Radkästen auskragende Deck erhielt zusätzlich Abstützungen, auch ein Radschutz musste angebracht werden. Für die Präsentation auf einem Sockel mit Messingrohrstützen wurden zwei Führungsrohre aus Plastik in den Rumpfboden eingeklebt.

 


Für den Sockel schneide ich mir mit drei Schnitten auf der Fräse jeweils aus 2 x 4 cm Buchenleisten oben dargestelltes Profil heraus, dann wird auf Mass in die Gehrung geschnitten und der Rahmen anschliessend verleimt. Oben drauf kommt eine etwas kleiner bemessene 4 mm  dicke MDF Platte. In die Profillücke kann später eine Plexiglashaube eingepasst werden.


Erst ganz zum Schluss konnten die filigranen Seitenräder eingesetzt und das Schiff auf den Sockel gesteckt werden.


Als letzter Akt kam dann noch der Fahnenschmuck hinzu. Die Flaggen habe ich mir aus dem Internet heruntergeladen, auf die nötige Grösse kalibriert, auf Luftpostpapier in Normalansicht und seitenverkehrt ausgedruckt, zusammengeklebt und befestigt.


Hinweis: Leider ist der Modellbaubogen vergriffen, kann aber via www.dolfmeister.com legal und gratis im Massstab 1/72 heruntergeladen werden. Wer das Schiff in 1/100 bauen möchte, setze sich mit mir via Mail in Verbindung.

Empfehlenswert ist auch das von Josef Gwerder geschriebene Bordbuch Dampfschiff RIGI, erhältlich im Shop der Dampferfreunde Vierwaldstättersee unter dampfschiff.ch.


Danke für euer Interesse für ein in diesem Forum eher unübliches Modell aus Karton, so gar nicht auf Wasserlinie gebaut und dazu noch im Grossmassstab 1/100.


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