Das Original

Im Jahre 1669 lässt Sonnenkönig Ludwig XIV., mit exorbitantem Aufwand, ein gewaltiges Linienschiff erbauen. Mit einer Tragfähigkeit von 2000 Tonnen, 104 Geschützen und einer Besatzungsstärke von bis zu 1000 Mann, wird sie zum Flaggschiff von Admiral Graf de Tourville. Nach mehreren erfolgreichen Schlachten trifft Tourville im Mai 1692 bei Barfleur auf die vereinigte Englisch-Holländische Flotte, die ihm zahlenmäßig weit überlegen ist. Dennoch gelingt es ihm nach 12-stündigen, schweren und auf beiden Seiten verlustreichen Kämpfen, die Gegner vorübergehend in die Flucht zu schlagen. Schwer beschädigt strandet die Soleil Royal in der Nacht an der Normannischen Küste vor Cherbourg. Am nächsten Tag wird sie erneut von mehreren Schiffen angegriffen und schließlich von einem Brandschiff gerammt. Das ausbrechende Feuer erreicht die Pulverkammer und letztlich zerreißt eine gewaltige Explosion das Schiff.

Das Modell

Zusammen mit der Victory im gleichen Maßstab – ebenfalls von Heller – gehört die Soleil Royal zu den imposantesten und aufwendigsten Kunststoffmodellen die je gefertigt wurden. Mit über dreitausend Teilen und einer äußerst komplexen Takelage ist sie ein Modell, das eigentlich nur erfahrenen und ambitionierten Modellbauern vorbehalten ist, die wissen was sie tun - anders als ich. In völliger Selbstüberschätzung, erstand ich das Modell aus einer Laune heraus bei einer Internetauktion. Was ich mir da angetan hatte, bemerkte ich erst beim Auspacken. Die Vielzahl der Teile und die Komplexität der Pläne erschlugen mich fast. Es war wohl nur trotziger Stolz, der mich davon abhielt, das Teil gleich wieder zu vertickern. Ohne Hilfe aus Internetforen wäre ich völlig verloren gewesen. Nun versuchte ich eben, ein mit meinem Mittel bestmögliches Modell zu bauen.

Vorweg – der dauerte insgesamt etwas mehr als drei Jahre! Hätte ich es gewusst, hätte ich es gelassen. So aber begann ich zuversichtlich mit den vorbereitenden Arbeiten. Der Zusammenbau der 104 Geschütze zu je acht Einzelteilen, ist dabei definitiv was für die enthusiastische Anfangsphase:

Danach ging es an die Bemalung. Ich hielt mich zunächst strikt an die Anleitung. Erst später bekam ich Anregungen von Internet-Kollegen, die mich veranlassten, einen Grossteil der bereits bemalten Teile umzugestalten.

Eine besondere Herausforderung sind die sehr detaillierten und wunderschönen Ornamente und Figuren der Heckgalerien.

Der eigentliche Zusammenbau des Rumpfes und die Ausgestaltung der Decks waren weniger schwierig als zunächst gedacht.

Richtig interessant wurde das ganze Projekt allerdings erst mit dem 2. Bauabschnitt – der Takelage. Bereits das stehende Gut mit den unzähligen Wanten, deren Webeleinen einzeln eingewebt wurden, brachte mich an den Rand des Wahnsinns. Ich kann nicht genau sagen, wie viele Stege geknüpft wurden – sicher weit über eintausend.

Für einen besseren Stand wurde das Modell bereits jetzt in den Wasserlinienständer eingepasst.

Die Segel stellte ich aus dünnem Leinenstoff her, nachdem mir klar wurde, dass man die beiliegenden Plastiksegel am besten gleich wegwirft. Immerhin können sie noch als Schablone für die selbstgemachten dienen, indem man die mit verdünntem Weißleim getränkten Stoffbahnen darüber legt. Für die geborgenen Segel wurden die Stoffbahnen noch feucht zusammengezurrt.

Die komplette Auftakelung des laufenden Gutes ist dann echte Fummelarbeit:

Die Geschützpforten hob ich mir bis zuletzt auf. Da ich sie – von Detailverliebtheit entgültig gepackt – mit Zugleinen versehen wollte, mussten die aufgegossenen Ringe entfernt und mit selbst hergestellten ersetzt werden.

Zum Schluss wurden noch die letzten Accessoires wie Anker, Bojen, Flaggen und Ruder- (Sorg-) Ketten gefertigt und angebracht.

Noch die Wasseroberfläche des Ständers mit Silicon und Deckweiß modellieren und die Diodenbeleuchtung im Heck anschließen.

Und endlich, endlich – nach drei Jahren Bauzeit: Ich habe fertig!

Martin Struppel