Zur Gannet habe ich über meinen Dad eine besondere Verbindung. Mein Vater hatte die nämlich selber als Teenager aus einem Papierbaubogen gebaut, und so stand sie noch bei uns auf dem Dachboden als ich ein kleiner Bub war und mein Vater mir mehr über das Flugzeug erzählte. Denn neben seinem ungewöhnlichen Äußeren war die Gannet schon irgendwie besonders... oder wie viele Serienflugzeuge mit gegenläufigen Luftschrauben kennt ihr denn so? Mir fallen da ohne Google auf die Schnelle nur drei ein - Gannet, Wyvern und Bear.

Das Original

Das mit der gegenläufigen Luftschraube war schon eine geniale Lösung - man brauchte für ein Flugzeug, das die Spezifikation zum Ubootjäger erfüllte, die Kraft von zwei Triebwerken, um sie sicher vom Trägerdeck in die Luft zu bekommen, gleichzeitig war im langsamen Patrouillenflug aber gewünscht ein Triebwerk abzuschalten, um Sprit zu sparen. Bei konventioneller Auslegung mit zwei an den Flügeln montierten Triebwerken bedeutet das zwangsläufig ungleichmäßigen Schub mit entsprechend schwierigererm Flugverhalten - nicht so bei der Gannet. Und um ausreichend Bodenfreiheit für die mächtigen Propeller zu schaffen und gleichzeitig nicht das Fahrwerk zu lang werden zu lassen verpasste man ihr noch den umgekehrten Möwenflügel.

So versah die nicht unbedingt schöne, aber zweifellos markante Gannet ab 1949 ihren Dienst bei den britischen Marinefliegern (und für ein paar Jahre auch bei den Deutschen und noch zwei anderen Nationen). Mit ihrem geräumigen Rumpf bot sie zudem die Basis für den Umbau in eine AEW-Variante, die bis 1978 im Dienst blieb, über zehn Jahr länger als die Ubootjäger.

Das Modell

Der Bau des Modells verlief über drei Jahre, mit einer langen Pause die einem Hauskauf, Umbau und Umzug geschuldet war (andere sagen ich will mir damit nur mein langsames Bautempo schönreden). Der Umzug hatte aber auch etwas gutes - unter einer Couch fand sich eine der vermeintlich vom Teppichmonster gefressenen Kanzeln wieder - so dass der zwischenzeitlich hier übers Board erworbene zweite Bausatz des Modells unangetastet im Lager auf einen neuen Besitzer warten kann.

Zum Bausatz selber kann man sagen dass es eine der tollen Revell-Eigenentwicklungen ist, die Revell in den 2000ern auf den Markt brachte - in einer Reihe mit ähnlich tollen Bausätzen wie der BV 222, Ju 290, Fw 200, Hawker Hunter etc zu sehen. In meinen Augen ist die Revell-Variante dem Trumpeter-Bausatz eindeutig vorzuziehen. Warum bloß bringt Revell solche Bausätze nimmer raus und hält sie auch nicht länger in der Produktion?


Die Passung war so gut, dass ich die Flügel erst nach der Grundlackierung auf den Flügelholm schieben und am Rumpf festkleben konnte, ohne dass die Klebestellen auffallen. Einzige Schwäche des Bausatzes sind in meinen Augen die Landeklappen - Revell bietet sie zwar als Extrateile an, allerdings ist das Gestänge der Fairey-Youngman-Klappen nur so dargestellt, wie es bei Maschinen am Boden ohne Hydraulikdruck (z.B. im Museum) zu sehen ist. Viele gebaute Modelle sieht man daher mit den Klappen in einer im Einsatz eher selten zu sehenden Position. Wie es richtig aussehen sollte sieht man bei dem neuen 1/48er Modell von Airfix. Mir war der Umbau dann doch zuviel Scratch, also gibt es die Gannet mit eingezogenen Klappen.

Lackiert wurde sie mit Gunze Farben per Airbrush.

Was die Querruder angeht - bitte nicht schimpfen - aber Revell bietet die Option sie beweglich zu lassen und ich hatte tatsächlich mal so sauber gebaut, dass die Dinger tatsächlich beweglich blieben...beim Fotoshooting hat dann eine von Beiden den Kampf gegen die Schwerkraft verloren - ich weiß schon dass die so nicht wirklich gehören.

Am Ende bin ich ganz zufrieden mit dem Ergebnis. Was ich heute anders machen würde:

  • die Formenttrennähte auf den Kanzeln abschleifen (hab mich nicht getraut - inzwischen weiß ich wies geht)
  • mit Future behandelte Kanzeln niemals mit Maskol maskieren und dann monatelang das Zeug drauf lassen (die Rückstände sieht man besonders bei der Pilotenkanzel) Am fertig lackierten Vogel mag ich nimmer größer rumpolieren.
  • beim Pinwash gründlicher arbeiten - einige Kleckse waren zu groß und ich hatte sie übersehen, so dass mir erst nach dem Seidenmattlack auffielen...das dann wieder auszubessern ist mir nicht überall schadlos gelungen.
  • im Nachhinein hätte ich mir doch Zurüstteile für den Waffenschacht leisten sollen - irgendwo gab es ein Resinset mit zwei Torpedos und fünf Sonarbojen, dann sähe es in dem riesigen Schacht nicht so leer aus. Grade die Größe dieses Waffenschachtes wollte ich unbedingt zeigen, daher sind die Klappen meiner Gannet offen.
  • Filtern mittels Ölfarben muss nochmal eingehender geübt werden - an den Tragflächen sieht man es zum Rumpf hin noch ganz leicht.
  • das Sky am Rumpf hätte nicht ganz so deckend/kräftig ausfallen sollen, bzw. ein bisschen Post-Shading vertragen...muss ich irgendwie vergessen haben

Hier noch ein Größenvergleich mit einer Hawker Sea Fury:

 


Björn Buschung