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Modell: S.M.S. Pillau, 1917
Hersteller: WSW
Maßstab: 1/700
Art. Nr.: 700-014
Material: Resin
Preis: 44,95 €

Original

Der Kleine Kreuzer SMS Pillau war ursprünglich als einer der Kreuzer für die russische Marine in Auftrag gegeben, mit denen diese ihre Verluste aus dem Russisch-Japanischen Krieg von 1904-05 ausgleichen wollte. Das Programm bestand aus zwei kleineren Kreuzern, die bei Schichau in Deutschland bestellt wurden, und acht größeren Leichten Kreuzern der Svietlana-Klasse, die in Russland gebaut werden sollten (nur drei davon wurden je als Kreuzer in Dienst gestellt). Die bei Schichau bestellten Schiffe waren als Ersatz für die leicht gepanzerten Spähkreuzer der Pazifikflotte vorgesehen und hatten – im Gegensatz zu den zeitgenössischen deutschen Leichten Kreuzern – keinen Seitenpanzer, sondern nur ein Panzerdeck. Als Bewaffnung waren acht 13 cm L/55, vier 6,3 cm Flak und fünf 45,7 cm Torpedorohre vorgesehen. Nach Kriegsausbruch wurden die beiden bei Schichau im Bau befindlichen Kreuzer beschlagnahmt und für die Kaiserliche Marine fertig gestellt. Statt dem damals noch bei deutschen Leichten Kreuzern üblichen Kaliber 10,5 cm wurde beide Schiffe mit 15 cm-Geschützen ausgerüstet. Hierdurch wurden sie die ersten als "Kleine Kreuzer" klassifizierten Schiffe, die einen so starke Geschützbewaffnung hatten.

Die Pillau war 135,3 m lang und 13,6 m breit. Bei einer Verdrängung von 5252 ts hatte sie einen Tiefgang von 5,98 m. Mit zwei Turbinen und 30 000 PS erreichte Pillau 27,5 kn.

Bewaffnung 1914
8 x 15 cm L/45 auf M.P.L. C/1914-Lafetten
4 x 5,2 cm L/55
2 x 50 cm Torpedorohre (Überwasser)
120 Minen

Bewaffnung 1917
8 x 15 cm L/45 auf M.P.L. C/1914-Lafetten
2 x 8,8 cm L/45
2 x 50 cm Torpedorohre (Überwasser)
120 Minen

Bewaffnung als Bari 1924
8 x 15 cm L/45 auf M.P.L. C/1914-Lafetten (als 14,9 cm L/43 bezeichnet)
3 x 7,62 cm L/40
2 x 50 cm Torpedorohre (Überwasser)

Bewaffnung als Bari ca. 1942
8 x 15 cm L/45 auf M.P.L. C/1914-Lafetten (als 14,9 cm L/43 bezeichnet)
3 x 7,62 cm ?
6 x 2 cm L/65
6 x 1,32 cm

Der besprochene Kreuzer wurde von 1913 bis 1914 bei Schichau in Danzig gebaut. Die Kiellegung erfolgte (nach russischen Gebrauch) unter dem Namen Muraviev Amurski, das Schiff wurde aber nach dem Stapellauf bei Kriegsausbruch beschlagnahmt und als SMS Pillau in Dienst gestellt. 1915 und 1916 war sie an mehreren Vorstößen in der Nordsee beteiligt, wobei u.a. Minensperren gelegt und Handelskrieg geführt wurde. Hierbei kam es im April und Mai zu kleineren Gefechten.

Am 31.5.1916 war Pillau eines der deutschen Schiffe, die zuerst auf die britische Flotte stießen und damit die Schlacht von Skagerrak einleiteten. Pillau war zusammen mit dem Schwesterschiff Elbing (das die britische Flotte sichtete) und den Leichten Kreuzern Frankfurt und Wiesbaden Teil der II. Aufklärergruppe, die für Admiral von Hipper aufklärte und zu Beginn der Schlacht ein Gefecht gegen das britische 1. Leichte Kreuzergeschwader, bestehend aus Galatea, Phaeton, Inconstant und Cordelia, führte. Pillau war dann auch eines der Schiffe, die die britische Hauptflotte unter Jellicoe sichtete, wobei sie und die andere Schiffen der II. Aufklärungsgruppe den Leichten Kreuzer HMS Chester, der für Jellicoe aufklärte, schwer beschädigten. Kurz darauf wurden die deutschen Kreuzer aber von den britschen Schlachtkreuzern Invincible, Inflexible und Indomitable unter Admiral Hood überrascht, die die Wiesbaden schwer beschädigten. Auch Pillau erhielt einen 30,5 cm-Treffer, der vier Kessel zerstörte, konnte sich aber mit den beiden anderen unbeschädigten Schiffen im Gegensatz zur Wiesbaden zurückziehen. Später war sie an dem Einbringen des schwer beschädigten Schlachtkreuzer Seydlitz beteiligt.

Nach der Reparatur der Schäden wurde Pillau erneut bei diversen Vorstößen in der Nordsee eingesetzt. Unterbrochen wurden diese Einsätze durch die Unterstützung der amphibischen Landung auf der Insel Ösel im Oktober 1917. Aber schon am 17.11.1917 war Pillau erneut zusammen mit Frankfurt, Königsberg II und Nürnberg II in der Nordsee zum Schutz deutscher Minensucher eingesetzt. Dabei traf sie in der Deutschen Bucht auf britische Schlachtkreuzer und Leichte Kreuzer, die versuchten den Erfolg vor Helgoland von 1914 zu kopieren. Den vier deutschen Kreuzern gelang es aber, sich in die Deckung der beiden Schlachtschiffe Kaiser und Kaiserin zurückzuziehen, obwohl alle vier Schiffe von 38,1 cm Granaten der britischen Schlachtkreuzer Repulse, Couragous und Glorious getroffen wurden.

Im Oktober 1918 meuterte die Besatzung der Pillau und beteiligte sich am Matrosenaufstand, der schließlich zum Sturz der Monarchie und dem Aufbau der Demokratie führen sollte.

Pillau selbst wurde am 31.3.1919 außer Dienst gestellt und als "Schiff U" an die Sieger des Ersten Weltkriegs übergeben. Das Schiff wurde 1920 über Cherbourg nach Italien überführt, wo es die italienische Marine am 21.1.1924 als Bari in Dienst stellte und als Esploratori (Spähkreuzer) klassifizierte. Am 19.7.1929 wurde die Bari zum Incrociatori (Kreuzer) umklassifiziert. Da das Schiff inzwischen total veraltet war, wurde es von 1934-35 für den Kolonialdienst in La Spezia umgebaut. Hierfür wurden vier der zehn Kessel und der vordere Schornstein ausgebaut und dafür zusätzliche Öltanks eingebaut um die Reichweite zu erhöhen. Die beiden übrig gebliebenen Schornsteine wurden gekürzt und die Brücke modifiziert. Mit 21 000 PS war Bari danach nur noch 24,5 kn schnell.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Bari zur Unterstützung der Landung auf Korfu im Oktober 1940 und 1942 vor Montenegro gegen Partisanen eingesetzt. Es folgte die Unterstützung der Invasion auf Korsika im November 1942. Im Frühling 1943 war vorgesehen, sie zum Flakkreuzer mit wahrscheinlich sechs 9 cm Geschützen, acht 3,7 cm und acht 2 cm Flak umzubauen. Dieser Plan konnte nicht umgesetzt werden, da sie am 28.6.1943 in Livorno von US-amerikanischen Bombern so schwer beschädigt wurde, dass sie zwei Tage später sank. Am 8.9.1943 wurde der Rumpf von italienischen Marine zusätzlich beschädigt, um zu verhindern, dass das deutsche Militär ihn nutzen kann. Die Deutschen wrackten die versenkte Bari 1944 teilweise ab. Offiziell wurde die Bari am 27.2.1947 gestrichen. Der Rumpf wurde erst nach dem Krieg am 13.1.1948 gehoben und zur Verschrottung verkauft.

Bausatz

WSW stellt die SMS Pillau im Zustand von 1917 dar. Der Rumpf ist fast 7 mm zu lang und 2 mm zu breit. Mangels guter Pläne kann ich nicht beurteilen, ob dieser Fehler die Proportionen ebenfalls betrifft oder nur den Maßstab. Ansonsten ist der Rumpf gut detailliert. Die Planken auf dem Achterdeck (ansonsten war das Deck nur zwischen den Ankerketten beplankt) sind etwas überproportional. Seitlich am Rumpf gibt es auf beiden Seiten einen Riss auf der Höhe der Bullaugen. Dies ist ein laut WSW inzwischen reparierter Schaden des Urmodels und damit der Form. Dazu gibt es ein paar Luftblasen nahe der Wasserlinie.

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Die Teile für die Aufbauten scheinen mir korrekt zu sein. Die obere Brücke soll laut Groener allerdings mehrfach umgebaut worden zu sein. Der Bausatz entspricht hier einem Photo nach dem Ersatz der 5,2 cm Geschütze durch 8,8 cm Flak. Das feste Schanzkleid des Teils 16 kann ich auf keinem Photo oder Plan finden, weshalb man es abschleifen sollte. Die Schornsteine haben alle oben an der Halbummantelung einen Spalt, den man korrigieren muss.

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Die Spritzlinge mit der Bewaffnung haben relativ viel Grat, sind aber recht gut detailliert. Die 15 cm- und 8,8 cm-Geschütze haben hinten offene Schutzschilde und das Rohr und Lafette sind ein separates Teil. Es fehlen allerdings die Öffnungen für die Richtoptik bei den Schutzschilden und die 15 cm-Rohre sind relativ dick. Erfreulich ist, dass auch – in der Anleitung übrigens nicht vermerkt – vier Geschütze beiliegen, die wohl die 5,2 cm-Geschütze darstellen, so dass diesbezüglich auch ein früherer Zustand der Pillau baubar ist. Es liegen mehr Scheinwerfer und 50 cm-Torpedorohre bei, als man benötigt.

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Laut Gröner hatte Pillau sechs Boote. Auf den Photos kann man aber nur vier erkennen, was der Anzahl im Bausatz entspricht. Die Bootsplattformen haben wieder Grat, die Masten sollte man besser durch Metallteile ersetzen wenn man das Schiffe takeln will. Ansonsten sind sie aber gut wieder gegeben und nicht verzogen. Die Position der Fleckerstände (Krähennester) entspricht einem späteren Zustand. Ursprünglich waren sie vier Meter tiefer an der Basis der Stengen (Teile 25 und 26) positioniert. Antennenspreitzer und Rahe muss man ergänzen, wobei für letztere Größenangaben in der Anleitung zu finden sind.

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Es liegen diesmal keine Ätzteile bei. Z.B. die Abstützungen der Scheinwerferplattformen muss man allerdings selbst ergänzen. Lobenswert ist, dass die Ankerkette schon angegossen ist und nicht als flaches Ätzteil beiliegt.

Anleitung

Die Anleitung ist für einen Resinbausatz vorbildhaft. Neben einer Teileübersicht, in der die einzelnen Teile nummeriert sind, findet man Photos der einzelnen Bauabschnitte. Der Bausatz ist diesbezüglich auch für Anfänger geeignet und lässt sich ohne umfangreiche Hintergrundinformationen bauen.

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Angaben über den Lebenslauf oder die Geschichte fehlen. Farbangaben sind vorhanden, aber ohne Angaben über spezifische Farbtöne. Üblicherweise waren die vertikalen Flächen von Schiffen der Kaiserlichen Marine nicht in einem einheitlichen Grauton, sondern der Rumpf war dunkler (etwa Humbrol 165) als die Aufbauten (etwa Humbrol 129). Als Decksfarbe gibt WSW Dunkelgrau an. Wahrscheinlich war aber ein Linoleumbelag (etwa Revell 83) auf den nicht beplankten Decks vorhanden.

Quellen

  • Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945, Band 1 von Erich Gröner, Dieter Jung, Martin Maass, Bonn, 1982
  • Die Schiffe der Kaiserlichen Marine 1914-1918 und ihr Verbleib von Dieter Jung, Bonn, 2004
  • Conway’s All the World Fighting Ships 1906-1921 von Roger Gardiner (Herausgeber), London, 1992
  • Conway’s All the World Fighting Ships 1922-1946 von Roger Gardiner (Herausgeber), London, 1992
  • Gli Incrociatori Italiani von Giorgio Giorgerini und Augusto Nani, Rom, 1976
  • Kreuzer 1880-1990 von Antony Preston, Stuttgart, 1991
  • Cruisers of World War Two von M.J. Whitley, London, 1995
  • Kleine Kreuzer 1903-1918 Bremen bis Cöln-Klasse von Gerhard Koop und Klaus-Peter Schmolke, Bonn, 2004
  • Seeherrschaft, Band 2 von Helmut Pemsel, Augsburg, 1995
  • www.deutsche-schutzgebiete.de

Fazit

Modelle von Kleinen Kreuzer der Kaiserlichen Marine sind bisher Mangelware. Auf den ersten Blick macht dieser Bausatz einen guten Eindruck. Im Detail finden sich aber dann kleinere Gussfehler (die WSW versprochen hat zu korrigieren) und dazu eben der zu große Rumpf. Das ist enttäuschend, weil auch die anderen bisherigen Modelle von Kleinen Kreuzern diverse Probleme aufweisen. Insbesondere wegen der Rumpfabmessungen ist der Bausatz nur

EINGESCHRÄNKT EMPFEHLENSWERT


Lars