Modell: HMS Lagan
Hersteller: Starling Models
Maßstab: 1/700
Material: Resin (3D-Druck), Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: STK16
Preis: 36,95 € (bei Starling Models)

Das Original

Die britische Fregatte HMS Lagan (K259) war eine von 151 Einheiten der von 1941-47 gebauten Schiffen der River-Klasse. Die River-Klasse wurde entworfen, um billige Geleitschiffe von Werften bauen zu lassen, die keine Erfahrung mit dem Bau von Kriegsschiffen hatten. Sie erhielten deshalb z.B. überwiegend nur Dampfmaschinen statt Turbinen. Sie sollten für Einsätze im Atlantik besser als die Korvetten der Flower-Klasse geeignet sein, u.a. mehr Reichweite haben, aber billiger als Sloops sein. Die River-Klasse fielen ähnlich groß wie die Sloops der Black Swan-Klasse aus, verfügte aber über keine weitreichende Flak, dafür aber eine sehr starke Bewaffnung gegen U-Boote, sowohl einen nach vorne feuernde Hedgehog-U-Jagd-Ladungswerfer als auch achtern eine sehr schwere Wasserbombenbatterie. Die River-Klasse wurde in Großbritannien, Kanada und Australien gebaut und diente im Zweiten Weltkrieg bei der britischen Royal Navy sowie der australischen, französischen, kanadischen, niederländischen, südafrikanischen und US-amerikanischen Marine. Nach dem Krieg wurden viele dieser Schiffe an zahlreiche weitere Marinen und auch zivile Eigentümer verkauft.

Ursprünglich wurden die Schiffe so konstruiert, dass sie auch als Minensucher verwendet werden konnten. Die Mehrzahl der Schiffe wurde nicht entsprechend ausgerüstet, bei den so ausgerüsteten Fregatten wurde das Minensuchgeschirr meist entfernt. Die ursprünglich verwendeten 10,2-cm-Geschütze hatten nur eine geringe Mündungsgeschwindigkeit und waren primär dazu gedacht, auf kurze Entfernung gegen U-Boote verwendet werden zu können. Die kanadischen und australischen Fregatten der Klasse erhielten oft leistungsstärkere 10,2-cm-Zwillingsflak.

Die britische Marine musterte die River-Klasse nach dem Krieg schnell aus und die Schiffe wurden verkauft. Auch die australische und kanadische Marine verkaufte einen Teil der Schiffe, so dass Fregatten der River-Klasse auch in der ägyptischen, argentinischen, ceylonischen/sri-lankischen, chilenischen, dänischen, dominikanischen, indischen, israelischen, malaysischen, marokkanischen, myanmarischen, neuseeländischen, norwegischen, pakistanischen, peruanischen und portugiesischen Marine dienten. Ein Teil der Fregatten wurden im Kalten Krieg modernisiert, insbesondere die kanadischen Fregatten (Prestonian-Klasse), aber auch die dänischen, französischen und norwegischen Schiffe. Diese erhielten meist modernere Flak, die kanadischen und norwegischen Fregatten auch Squid-U-Jagd-Raketenwerfer. Die dänischen Schiffe erhielten deutsche 12,7-cm-Geschütze und die französischen deutsche 10,5-cm-Geschütze, um die kurzen britischen 10,2-cm-Geschütze durch leistungsfähigere Geschütze zu ersetzen. Ein Teil der River-Klasse wurde zu Vermessungs- und Forschungsschiffen umgebaut, z.B. die argentinische Juan B. Azopardo, die australische Diamantina und die neuseeländische Lachlan, andere zu Wetterschiffen, z.B. die kanadische Stone Town. Ein bemerkenswerter Umbau war auch der der kanadischen Stormont zur Luxusyacht Onasis O.

Für die US Navy wurde eine eigene Variante der River-Klasse entworfen, die Tacoma-Klasse. Diese unterschied sich u.a. durch US-amerikanische 7,62-cm-Geschütze statt der britischen 10,2-cm-Geschütze. Von dieser Klasse wurden 96 Schiffe gebaut, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch bei zahlreichen Marinen dienten. Für die Royal Navy folgte auf die River-Klasse die Fregatten der Loch-Klasse. Diese erhielten eine veränderte Rumpfform, die leichter baubar und seetüchtiger sein sollte. Auch die Bewaffnung wurde verbessert, u.a. erhielten sie einen Squid-U-Jagdraketenwerfer vorne und verbesserte Geschütze, so dass ihre Flugabwehr stärker war. Von dieser Klasse wurden 28 Schiffe gebaut, die zum Teil noch länger nach dem Krieg dienten und auch in einigen anderen Marinen dienten. Aus der Loch-Klasse wurde die Bay-Klasse entwickelt, die den gleichen Rumpf erhielt, aber als Flugabwehrschiffe ausgelegt waren. Von dieser Klasse wurden 26 gebaut, von denen aber zwei als Jachten/Depechenschiffe und vier als Vermessungsschiffe fertig gestellt wurden. Neben der britischen Marine dienten die Schiffe der Bay-Klasse auch bei der finnischen und portugiesischen Marine.

Die Schiffe der River-Klasse sollte ursprünglich als Korvetten klassifiziert werden, letztendlich wurden sie als Fregatten klassifiziert. Fregatten waren bis zum 19. Jahrhundert die stärkste Form von Kreuzer gewesen, die immer größer teuer wurden - und letztlich sich zu Panzerfregatten (z.B. HMS Warrior) entwickelten, der Ausgangspunkt für eine neue Entwicklungslinie der Schlachtschiffe. Korvetten waren im 19. Jahrhundert kleinere Kreuzer, die letztlich im späten 19. Jahrhundert durch als Kreuzer klassifizierte Schiffe ersetzt wurden. Die Royal Navy nutzte die Begriffe Fregatten und Korvette im Zweiten Weltkrieg aber für billige Geleitschiffe und verursachte damit ein Klassifizierungschaos. Britische Fregatten im Zweiten Weltkrieg waren größer als Korvetten, aber einfacher als Sloops - im 19. Jahrhundert war es umgedreht, damals waren Sloops einfacher und langsamer als Korvetten gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg klassifizierte die Royal Navy ihre verbliebenen Sloops auch als Fregatten und nutzte diese Klassifizierung für hochseefähige U-Jagd- bzw. Geleitschiffe. Parallel nannten aber die französische Marine und die US Navy sehr große Zerstörer Fregatten... Aber die britische Verwendung des Begriffs Fregatten setzte sich in der NATO durch, 1975 folgte auch die US Navy (die ihre Geleitzerstörer in Fregatten und ihre Fregatten in Kreuzer umklassifizierte). Im 21. Jahrhundert wird der Begriff Fregatten weltweit benutzt. Inzwischen haben Fregatten aber die Größe von Kreuzern erreicht und sind oft Mehrzweckschiffe, also wieder in der Tradition des 19. Jahrhunderts. So viel zu dem Exkurs zu der Klassifizierung der River-Klasse und deren doch sehr umfassenden Folgen.

Lagan war 91,8 m lang, 11,1 m breit und verdrängte 1860 t. Der Antrieb erfolgte durch zwei Kessel und zwei Dreifachexpansionsdampfmaschinen mit insgesamt 5500 PS, womit 20 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 107 Mann.

Bewaffnung
2 x 10,2 cm L/40 QF Mk XIX (zwei Einzellafetten)
2 x 4 cm L/39 Pom-Pom (zwei Einzellafetten)
2 x 2 cm L/70 Oerlikon (zwei Einzellafetten)
1 Hedgehog-U-Jagd-Ladungswerfer (24fach)
150 Wasserbomben (acht Wasserbombenwerfer, zwei Ablaufgestelle)

Lagan wurde 1942 von Smiths Dock Co. in South Bank-on-Tees gebaut. Sie diente 1943 im Nordatlantik als Geleitschiff für Konvois. Sie konnte am 12. Mai mit Swordfish des Geleitträgers HMS Biter und dem Zerstörer HMS Broadway das deutsche U-Boot U 89 versenken, am folgenden Tag zusammen mit der kanadischen Korvette HMCS Drumheller das U-Boot U 753. Am 20. September 1943 wurde sie aber bei dem Versuch das deutsche U-Boot U 270 anzugreifen, von diesem mit einem T-5 Zaunkönig-Torpedo schwer beschädigt und verlor ihr Heck. 29 Mann der Besatzung starben durch den Treffer. Das schwer beschädigte Schiff wurde eingeschleppt, aber zum einem konstruktiven Totalverlust erklärt. Das Wrack wurde 1946 abgewrackt.

Der Bausatz

Starling Models hat drei neue Bausätze der River-Klasse im Maßstab 1/700 herausgebracht:

  • HMS Rother (mit Minenräumgeschirr)
  • HMS Lagan (ohne Minenräumgeschirr)
  • HMCS St. Stephen (kanadische Version mit 10,2-cm-Zwillingsflak vorne und 7,6-cm-Flak achtern)

Mit verschiedenen Ideen im Kopf, was ich aus einem Bausatz einer River-Klasse alles machen könnte (u.a. verschiedene Vermessungsschiffe, eine dänische Fregatte?) entschied ich mich erst einmal für einen Bausatz der britischen Standardversion, HMS Lagan. Der Bausatz besteht aus 3D-gedruckten Resinteilen und Fotoätzteilen.

Der Rumpf wird mit den Stützstrukturen geliefert und ermöglicht den Bau eines Wasserlinienmodells (leider sind die Fotos nicht sehr gut, unsere Kamera verträgt sich mit dieser Resinfarbe nicht gut). Der Rumpf ist von den Abmessungen und der Form vorbildgetreu. Der Rumpf ist sehr gut detailliert, z.B. die sehr feine Darstellung der Poller, aufs Deck durchgehend offene Ankerklüsen und sehr feiner Splitterschutz. Bei einigen Decksüberhängen sind noch Stützstrukturen zu entfernen, hier helfen die Ansichten in der Anleitung etwas diese zu identifizieren. Etwas schwer einzuschätzen ist die Qualität des Drucks nahe der Wasserlinie, insbesondere an Steuerbord am Heck. Dies dürfte man erst abschließend beurteilen können, wenn der Rumpf von der Stützstrukturen befreit ist (was ich noch nicht mache, da er so sicherer lagerbar ist). Wahrscheinlich muss man an der Wasserlinie etwas nachschleifen, eventuell am Heck an Steuerbord auch etwas spachteln. Für die verschiedenen Teile, die an Deck angeklebt werden, gibt es Vertiefungen, so dass deren Position leicht lokalisierbar ist.


Die Aufbauten bestehen aus nur wenigen Teilen wie der Brücke, Unterständen und Schornstein. Die Plattform für die 4-cm-Geschütze ist zwei Mal enthalten, nur eine wird gebraucht. Diese Teile sind sehr gut detailliert.


Auf einem weiteren Rahmen findet man Beiboote, 10,2-cm-Geschütze, Wasserbomben, Lüfter, Anker etc. Auch diese Teile sind gut detailliert. Allerdings sind die Rohre der 10,2-cm-Geschütze und bei mindestens einem der beiden Geschütze auch der Verschluss hinten am Rohr nicht richtig ausgedruckt.


Ein weiterer kleinerer Rahmen enthält die 4-cm- und 2-cm-Flak, Davits, Rettungsflösse, Brückeninstrumente und Peilantennen. Diese Teile sind sehr fein gemacht, z.B. die Flak und die Peilantennen.


Ein letzter Rahmen enthält Ersatzteile wie Lüfter und Poller falls Teile vom Rumpf abbrechen und verloren gehen sollten. Dies ist meiner Meinung nach einer sehr gut Idee, diese hier beizulegen!

Die Fotoätzteile

Die Fotoätzteilplatine enthält zahlreiche Teile für die schwere Wasserbombenbatterie, u.a. Nachladevorrichtungen für die Wasserbombenwerfer und Teile für die Ablaufgestelle (die mit gedruckten Teile für die Darstellung der Wasserbomben kombiniert werden). Außerdem sind hier Decksabstützungen, abgelängte Relingteile, Niedergänge, Gestelle für die Rettungsflösse, Bootslager, Leitern, Ankerketten und Ruder für die Beiboote enthalten.


Es liegen auch zwei Metallstäbe in verschiedenen Stärken bei, aus denen der Mast nach den Abmessungen in der Anleitung gebaut werden kann.

Die Abziehbilder

Die Abziehbilder erlauben die Darstellung wahrscheinlich aller Kennnummern der Fregatten der River-Klasse.

Die Anleitung

Die Anleitung besteht aus einem kleinen Heft mit perspektivischen Ansichten, auf denen die zu montierenden Teile farblich hervorgehoben und mit Nummern markiert sind. Die Anleitung besteht so aus 13 Schritten plus einer Übersicht der Teile, einer Ansicht für die Takelage und einer Bemalanleitung.

Die Bemalanleitung gibt die Farben ohne spezifischen Bezug zu einem bestimmten Hersteller an, beschreibt aber die Farbgebung sehr genau. Die Farben des Western Approaches Scheme sind Weiß und B55.

Wie oben erwähnt, gibt es drei Varianten der River-Klasse von Starling Models. Wenn man ein Schiff aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bauen will, sollte man schauen, welches der drei Varianten am ähnlichsten ist. Für eine typische Fregatten während der Schlacht im Atlantik ist sicher der Bausatz der Lagan gut geeignet. In A history of the River Class frigates in Scale Ship Modeller (kostenlos bei Starling Models herunterladbar) finden sich noch einige alternative Tarnschemen, die man für diesen Bausatz nutzen könnte, z.B. den der HMS Waveney und HMS Moyola.

Viele der Schiffe erhielten später eine stärkere Flak, ein Teil der Schiffe, insbesondere der australischen und kanadischen Marine, erhielten 10,2-cm-Zwillinge (siehe den Bausatz der St. Stephen von Starlings). Die Nachkriegsumbauten waren teilweise sehr umfassend, z.B. die kanadische Prestonian-Klasse. Die dänischen und französischen Umbauten waren weniger umfangreich, aber neben neuen Geschützen wurde oft die Brücke umgebaut und teilweise hatten die französischen Fregatten auch Gittermasten (wie einige Schiffe der River-Klasse anderer Marinen). Die französischen Umbauten sind recht gut in Les escorteur français  de l'après-guerre. Tome II: les unités d'origine étrangère (Navires & Histoire Hors-série N° 05) beschrieben, die dänischen in Fregatterne Holger Danske & Niels Ebbessen (Flådens Skibe nr. 4) (siehe auch das Modell der Holger Danske in dieser Galerie). Die dänischen Schiffe gehörten allerdings zu den Schiffen mit einem Spiegelheck - hier muss man auch bei Schiffen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs schauen, ob man hier eventuell das Heck modifizieren muss. Für die verschiedenen Vermessungsschiffe, muss man für den Umbau Fotos heranziehen.

Quellen

  • British Destroyers & Frigates. The Second World War and after von Norman Friedman, Barnsley, 2008
  • A history of the River Class frigates Part One - Concept and Design von Mike McCabe in Scale Ship Modeller, Issue 1
  • River-Klasse (1941) (Wikipedia)
  • HMS Lagan (K259) (Wikipedia)
  • Conway's All the World's Fighting Ships 1922-1946 von Robert Gardiner (Herausgeber), London, 1980

Fazit

Starling Models macht mit diesem Bausatz der HMS Lagan der River-Klasse endlich wieder einen Bau einer dieser Fregatten im Maßstab 1/700 möglich - der Bausatz von Seals Models ist inzwischen sehr selten. Der Bausatz ist sehr detailliert und vollständig, durch den Einsatz von 3D-Druck auf dem höchsten aktuellen Niveau. Es gibt ein paar minimale Probleme, z.B. bei den 10,2-cm-Geschützen, für die bei Bedarf Starling Models sicher Ersatz zur Verfügung stellt (da ich Umbauten ohne diese Geschütze plane, habe ich keinen angefordert). Der Weg, solche Bausätze komplett zu drucken, wird sicher den Resinguss in absehbarer Zeit ersetzen. Durch den 3D-Druck sind einfach eine höhere Qualität und Detaillierung möglich. Hoffentlich bringt Starling Models auch die Nachfolgeklassen heraus, z.B. die  Bay-Klasse. Insgesamt ist der Bausatz

sehr empfehlenswert


Lars