Schon lange geistert die Idee herum, die doch sehr komplizierte Arbeit des Takelns von Modellen im Maßstab 1/700 an Spinnen auszulagern. Jahrzehnte wurde hier kaum Neues vermeldet, aber in jüngster Zeit gab es endlich Fortschritte bei Anwerbung, Training und Zucht geeigneter Arachnida, über die wir unter Tipps & Tricks für Plastikmodelle berichten:

Bisherige Methoden

Für das Takeln im Maßstab 1/700 werden bisher eine Vielzahl von Methoden genutzt, deren Erfolg aber sehr vom Geschick des ausführenden Homo sapiens abhängig ist:

  • gezogener Gussast: Diesen muss man selbst aus Spritzlingen einer passenden Farbe in die gewünschte Dicke ziehen. Die Dicke ist somit anpassbar, die Herausforderung ist eine gleichmäßige Dicke und eine möglichst geringe Dicke zu erzielen. Ein Vorteil ist, dass man die Fäden mit Hitze nachspannen kann (z.B. mit einem Lötgerät, Heißwachsspachtelgerät oder erhitzten Schraubenzieher). Wichtig sind hier stabile Masten, also am besten aus Metall.
  • Garn fürs Fliegenfischen: z.B. schwarzer 20 Denier-Faden von UNI Caenis, in verschiedenen Farben und Dicken erhältlich. Vorteile sind eine gleichmäßige, sehr geringe Dicke und die Möglichkeit, die Fäden wie bei gezogenem Gussast nachspannen zu können. Wichtig sind auch hier stabile Masten, also am besten aus Metall.
  • elastischer Garn: z.B. von Infini in verschiedenen Farben und Dicken. Kann leichter gespannt angebracht werden, wobei auch hier die Masten nicht zu biegsam sein sollten.
  • Kupferdraht: gibt es in verschiedenen Stärken. Der Draht muss in der Regel zwischen zwei Platten (z.B. Glasobjektträgern) gerade gerollt werden. Der Draht wird dann automatisch "gespannt" dargestellt und übt keinen Zug auf die Masten aus. Es ist auch möglich durchhängende Taue durch gebogenen Draht darzustellen. Der Draht muss nachgefärbt werden.

Takeln mit Spinnen

Für das Takeln mit Spinnen wurden zahlreiche Arten von kleineren Spinnen getestet. Der Durchbruch war die Auswahl von Philodromus dispar. Dies sind Laufspinnen, die normal keine Netze bauen, sondern nur Lauffäden und Kokons aus Spinnenseide herstellen. Diese Spinnen haben deshalb keinen festen Bauplan eines Netzes im Kopf und lassen sich deshalb evolutionär bedingt leichter darauf trainieren, nach einem Takelplan vorzugehen. Außerdem haben Lauffäden den Vorteil, dass sie nicht kleben und somit im Gegensatz zu den klebrigen Fangfäden in Spinnennetzen keinen Staub fangen.


Bisher ist der Einsatz der achtbeinigen Helfer am einfachsten bei der auf den Bildern gezeigten Reparatur der Takelage. Hier entfällt das langwierige Training des Takelplans, da sich die Spinne an den vorhandenen Fäden orientieren kann und diese neu verknüpft bzw. ersetzt.

 

Mögliche Weiterentwicklungen

Zu den möglichen Weiterentwicklungen gehört die Zucht von Philodromus dispar mit Spinnenseide in für die Takelung passenden Farben, z.B. schwarze oder hanfbraune Spinnenseide, bzw. mit Spinnenseide, die für die Darstellung von durchhängenden Tauen optimiert ist.

Dank der schnellen Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz dürften auch die Fortschritte bei den Programmen für die 3D-Brillen, mit Hilfe derer die Spinnen den Takelplan lernen, erheblich sein und damit das Spektrum der möglichen Einsatzfähigkeiten dieser spezialisierten Arthropoden verbessern.


Stephan Lorenz