Die deutsche Kriegsmarine entwickelte in der Zeit von 1930 -1945 eine beachtliche Anzahl von Schnellbootklassen. Dummerweise stößt man als 1:72 Modellbauer bereits nach zwei Schiffen an eine scheinbar unüberwindliche Grenze, denn außer den E-boat von Airfix und dem A100 von Revell gibt es keine weiteren Bausätze !
Und so entsteht eine Lücke, die mehrere Evolutionsstufen im deutschen Schnellbootbau umfasst. Obwohl sich die Klassen S14 bis S700 in vielen Punkten unterscheiden, haben sie –mit Ausnahme des Typs S-30- eine wichtige Gemeinsamkeit: Alle Rumpfformen und Rumpfmaße sind identisch. Und genau diesen Rumpf liefert die Firma Revell in hervorragender Qualität inklusive vieler nützlicher Zubehörteile im Bausatz S100.
Man muss sich dann nur noch entscheiden, welchen Schnellboottyp man daraus bauen will. Um die Entwicklung vom Typ 7 (dem Airfix-Bausatz) zum Typ 100 (dem Revell-Bausatz) nachvollziehbar zu machen, werde ich daraus ein spätes Klasse S38-Modell bauen. Dieser Bootstyp besitzt noch ein modifizietes Ruderhaus im Typ-7 Stil, ist aber bereits mit dem erhöhten Vorschiff der S-100 Klasse ausgestattet.
Ansicht S38Soweit mir bekannt ist, ist so ein Projekt bisher noch nicht durchgeführt worden. Das Boot wird also ein echter Prototyp mit allen Ecken und Macken und Rückschlägen, die man sich vorstellen kann. Meine Datenbasis ist begrenzt auf ca. 50 Fotos, einer fehlerhaften russischen Zeichnung (allerdings im Großformat), einem halben Duzend Schnellbootbücher und ein paar Skizzen. Mit geringen Abweichungen zum Original muss also gerechnet werden.
Es muss eine Menge in Handarbeit gebaut werden und damit der Bericht nicht ellenlang wird, werde ich mich beim Schreiben überwiegend auf die maßgeblichen S-38 Änderungen konzentrieren. D.h. alle Teile, die ich aus dem Revellbausatz übernehme und gegebenenfalls bearbeite, fallen hier unter den Tisch und können bei Interesse in dem Baubericht zum S-100 nachgelesen werden.
Da ich vor ca. 3 Wochen mit dem Bau angefangen habe, kann ich bereits ein paar Ergebnisse vorstellen. Mit der Zeit werde ich aber zwangsweise etwas Tempo aus dem Bericht heraus nehmen. Erklärtes Ziel ist jedenfalls, das Boot bis zur Ausstellung de Modellbaufreunde Siegen am 29. Mai, mit nach Wilnsdorf zu nehmen. Mitte Mai muss der Kahn also fertig sein.
Auf geht´s !
Die Rumpfhälften sind verklebt und die Außenbordöffnungen in Form gefeilt. Das fertige Boot soll später auf einen Holzständer geschraubt werden, deshalb habe ich eine 30 cm lange 10mm x 5mm Holzleiste innen auf den Kiel geleimt (mit 2k-Epoxy), Kiel und Leiste an zwei Stellen mit 5mm durchbohrt und M4-Einschlagmuttern in die Leiste getrieben.
Als erstes muss das Vorschiff etwas geändert werden. Während S100-Boote dort eine Luke hatten, benötigt ein S38-Boot drei davon, zwei nebeneinander auf dem Vordeck, und die dritte (kaum zu sehen auf dem Foto) liegt direkt vor dem Ruderhaus. Ihre grundlegende Form ist fast identisch (ich komme später noch darauf zurück) und deshalb kann man sie im Schnellverfahren kopieren.
Lukenanordnung VorschiffUm die Luke wird ein ca. 15mm hoher Wulst aus Knetmasse geformt und mit Silikon ausgegossen. Ein Formtrennmittel ist dabei nicht erforderlich. Nach ca. 60 min ist das Silikon ausgehärtet und kann vom Deck abgehoben werden. Die Form kann jetzt mit einem x-beliebigen Gießharz gefüllt werden. Ich benutzte für solch einfache Teile 2k-Polyester aus dem Baumarkt. Das Produkt Harz der Firma Weber & Wirth (Produktname Prestolith) ist hierfür weniger geeignet. Es bildet eine zäh-klebrige Kontaktschicht auf der Oberfläche, die nur mit starken Lösungsmitteln entfernt werden kann. Das PE-Harz, das ich verwende, kommt von der Firma Bindulin, und mit einer 50%igen Härterüberdosierung entsteht eine harte und trockene Oberfläche. Gießverfahren LukenAls nächstes sind einige chirurgische Eingriffe am Hauptdeck erforderlich. Hier noch einmal im unbearbeiteten Zustand.OriginaldeckHinter dem Bootshaus wurden die runden Lüftersockel entfernt,denn S38-Boote hatte eckige Lüfterrohre, die auch nicht im Rumpf endeten, sondern in Belüftungshauben, und in der Mitte fallen die Luke und der Holzrost der Fräse zum Opfer. Später werden dort 4 Luken hintereinander liegen.
Deckbild 1Mittschiffs wurde der gesamte Gefechtsstand der 20mm Zwillingsflak entfernt und der Deckaufbau durchgezogen. Nur die Lukenöffnung wird später noch benötigt.Deckbild 2Dahinter liegt die Absenkung für die Luftansaughaube des hinteren Motorraums. Sie wurde verschlossen, da der Lüfter laut Zeichnung 1cm weiter vorn liegt als bei der S100-Klasse. Zum Schließen konnte ich übrigens den Schutzschild des 20mm Zwillings verwenden, der genau die richtige Dicke hatte. Die Auflager der Staukästen wurden ebenfalls entfernt. Auch hier kommen später Luken hin.Deckbild 3Am Heck wurden dann noch die Rauchbojen und die vier Sockel der Nebelkannen abgefräst.Deckbild 4
Ende Teil 1