Takeln des stehenden Gutes


Die Wanten Teil-1
Vorweg muss ich gleich auf ein kleines Missgeschick hinweisen. Durch meine eigene Dummheit beim Überspielen der Bilder von der Kamera auf den PC habe ich mehrere Bilder verschlampt, die das Anbringen der Großwanten etwas verständlicher machen sollten. Als Ersatz sind dafür aber Skizzen eingefügt. Die fehlenden Bilder werden aber nachgereicht, nämlich beim Setzen der Fockwanten, da sich hier das Szenario im Prinzip wiederholt.
Nun noch ein paar Worte zum eigentlichen Auftakeln selbst. Das Auftakeln beginnt man mit den Wanten, um die Masten zu stabilisieren. Hierbei arbeitet man von hinten nach vorne, also erst den Groß- und dann den Fockmast. Die Wanten werden immer abwechselnd Steuerbord-Backbord- Steuerbord- usw. gesetzt. Dadurch soll verhindert werden, dass der Mast stärker auf eine Seite gezogen wird.


Seitentakelhanger
Bevor am Großmast die Wanten angebracht werden, ist ein so genanntes Seitentakelhanger über das Mast zu legen.
Nachfolgend ist der Aufbau und die Anbringung sehr gut zu erkennen.


Zu diesem Zweck besaß das Seitentakelhanger in der Mitte ein Auge.
Man erkennt sehr gut, dass es zum Schutz vollständig gekleidet ist (das Kleiden geschah mit meiner eigens dafür entworfenen Vorrichtung). An beiden Enden sind Kauschen, vergleichbar mit Ösen, eingearbeitet. An ihnen konnte man bei Bedarf die Seitentakel einhängen (im Prinzip Flaschenzüge), mit denen man dann schwere Lasten heben konnte.
Nachfolgend möchte ich eine Möglichkeit zur Herstellung von solchen Kauschen einmal zeigen, mit der ich sehr gut zurechtgekommen bin.
Zuerst hab ich an einem Rundstab mit einem Durchmesser von ca 2 mm mit einer Dreikantfeile eine umlaufende Kerbe angebracht.


Das Stück mit der Kerbe vom restlichen Stab getrennt und in das vorbereitete Stück des ersten Want eingebunden.


und das überstehende Stück vorsichtig abgesägt.


Danach mit einem kleinen Fräser beide Seitenflächen verschliffen.


Nach dem Verschleifen in der Mitte ein Loch gebohrt


und anschließen noch leicht retuschiert. So sieht dann das Endergebnis aus.


Ein separates Seitentakelhanger wird aber nur gebraucht, wenn man eine gerade Anzahl von Wanten hat. Bei einer ungeraden Anzahl sind sie praktisch Bestandteil der vorderen zwei Wantpaare, hierzu später aber noch mehr.


Herstellen und setzen der Wanten
Hierzu sind zum besseren Verständnis einige Erläuterungen notwendig, denk ich jedenfalls. Die folgende Abbildung erspart mir viel Worte in Bezug auf den Aufbau der Wanten am Masttop.


Schön zu sehen ist das herzustellende Augbändsel welches dann über das Masttopgelegt wird. Dabei entstehen praktisch Wantpaare welche als "ein Spann" bezeichnet werden..
Ab dem Auge abwärts sind die Wanten gekleidet und zwar bis an die Stelle an der später die Wanten der Marsstenge befestigt werden. Ausnahme hier ist das vorderste Want welches komplett gekleidet ist.


Im oberen Bereich sieht auch das die Kleidung der Wanten unterschiedlich lang ist. Dies wird beim Anbringen der Marswanten noch korrigiert.
Als nächste Vorbereitung galt es zu gewährleisten das nach dem Spannen der Wanten alle Jungfern auf einer Höhe sitzen. Hierzu stellte ich ganz simple Lehren aus Sperrholz her welche genau die Höhe des späteren Jungfernabstandes hatten


Am oberen Rand ist schon das später sehr hilfreiche Teppichklebeband zu erkennen
Diese Lehre hab ich dann, wie in den folgenden Bildern zu sehen, an den Rüstjungfern fixiert.


Zum Ermitteln der Position der oberen Jungfern nahm ich dann einen Faden welchen mit einem Auge versehen habe. Dieses Auge hab ich dann über das Masttop gelegt und den Faden, mittig durch die unteren Jungfern nach unten gespannt, Der Schnittpunkt "Oberkante Lehre/Faden" wurde dann markiert.



Dieses Schema wird bei allen Jungfern durchgeführt. Vor dem Markieren ist auch der Schutzstreifen des Klebebands abzuziehen.
Nun können die oberen Jungfern an der Lehre befestigt werden. Hierzu die Jungfer wie auf der folgenden Abbildung zu erkennen auf das Klebeband drücken (Markierung ist mittig).
Die unteren zwei Löcher durch die Lehre hindurchbohren und die Jungfer mit einem Stück Kupferdraht (oder ähnliches) an der Lehre gut befestigen:


Das Klebeband ist nicht zwingend notwendig, hilft einem aber ungemein die Jungfer in Position zu halten.
ACHTUNG !!!!
Das mittlere Loch der Jungfer muss nach oben zeigen.
Hat man beide Seiten auf diese Weiße vorbereitet können die Wanten angebracht werden. Die Wantpaare sind hierbei wie folgt über das Masttop zu legen:
(Achtung: Seitentakelhanger nicht vergessen)
Auf der Steuerbordseite (rechts) beginnend von vorne nach hinten und dabei immer abwechselnd mal Steuerbord und mal Backbord (links).
Wie nun das Want um die Jungfer gelegt wird hängt vom verwendeten Tauwerk ab.
Hier unterscheidet man zwischen links geschlagenem (Kabelschlag) und rechts geschlagenem (Trossenschlag) Tauwerk. Aus der folgenden Abbildung geht schön hervor wie das richtig gemacht wird.


Petrejus schreibt das bei der Irene links geschlagene Tauwerk zutrifft.
Mit diesem Wissen kann nun mit dem Einbinden der Jungfern begonnen werden. Hierzu hab ich das Want mit der entsprechenden Spannung um die Jungfer gelegt und mit Sekundenkleber fixiert.


Achtung!!!
Die Spannung der Wanten sollte richtig gewählt werden. Ich achtete sehr stark darauf den Mast nicht zu verziehen, also die Spannkraft nicht zu hoch zu wählen. Eine genau so hohe Gefahr ist das man sie zu gering wählt. Das von mir verwendete Kunstfasertau (was übrigens sehr schön aussieht) hat z. B. die gemeine Eigenschaft das es mit einer relativ geringen Spannung nicht mehr durchhängt. Aus diesem Grund habe ich keine all zu hohe Spannkraft beim Setzen der Wanten gewählt. Dies hat sich beim Anbringen der Webleinen bitter gerächt. Doch hierzu später mehr.
Das Fixieren der Wanten an den Jungfern wird nun immer abwechselnd auf jeder Seite wiederholt.
Sind die Masten zur Querachse nicht exakt im rechten Winkel eingesetzt, kann dies jetzt korrigiert werden (aber nur bis zu einem gewissen Grad). Nach dem Fixieren empfiehlt es sich dann die Jungfer von der Schablone zu lösen. Das Einbinden der Jungfer ist nun leichter zu bewerkstelligen. Nach dem Einbinden nun das Want mit dem Taljereep steif setzen. Hierbei muss aber extrem auf gleiche Jungfernhöhe geachtet werden
Achtung!!! Aufpassen, mit den hinteren Wanten den Mast nicht nach hinten ziehen, außer es ist so gewollt.
Trotz aller Tipps und Hinweise denk Ich aber das hier jeder selbst seine Erfahrungen sammeln muss um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.
Ansonsten kann man getrost erst einmal alle Wanten an den entsprechenden Jungfern fixieren, danach alle Jungfern von der Lehre lösen und mit Herzbändsel einbinden. Danach folgt das Steifsetzen der Wanten mit Hilfe des Taljereeps. In der folgenden Abbildung ist die Einbindung der Jungfer und die Ausführung des Taljereeps sehr gut zu erkennen.


Ich bin wie folgt vorgegangen. Zuerst hab ich abwechselnd auf jeder Seite erst das vordere und dann das hintere Want exakt auf die gleiche Höhe gesetzt und dann die Spreizlatte daran befestigt. Dabei ergab sich folgendes Bild


Nun war es ein Leichtes die dazwischen liegenden Wanten genau an der Spreizlatte auszurichten. Nach dem Setzen wurden dann alle Wanten an der Spreizlatte festgebunden. Dadurch wird ein Verdrehen der Taljereeps verhindert.


Die Einbindung der 3. Jungfer ist hier noch fehlerhaft, wird aber noch korrigiert
Hier noch ein kleiner Tipp. Der Abstand zwischen den Wantjungfern und den Rüstjungfern ist bei mir zu groß geraten. Dies resultiert aus der Tatsache das ich das Want gesetzt und gleich danach das überschüssige Tauwerk am Want abgeschnitten hab. Nach dem Bemerken des Fehlers war nun eine Korrektur nicht mehr möglich.
Also erst fertig ablängen wenn man sich 100% sicher ist das alles stimmt.
Anbringen der Webleinen
Zum Abschluss folgten die Webleinen. Hier kam das bitterböse Erwachen als Folge meiner mangelnden Erfahrung (so wie alle Fehler dich gemacht habe). Um einen gleichmäßigen Abstand der Webleinen zu erhalten, habe ich eine Schablone ausgedruckt und hinter den Wanten angebracht. Das Anbringen der Webleinen erfolgt mit einem Webleinensteck


Also nun ran an Feind. Nach ca. 10 angebrachten Webleinen hätte ich einfach nur noch heulen können. Um ein einigermaßen sauberes Bild zu erhalten, muss man die Webleinen ganz leicht spannen, wenn auch nur minimal. Dieser leichte Zug auf die Wanten reichte aber schon aus, um diese nach innen zu ziehen. Um dies zu vermeiden, mussten die Webleinen gelöst werden, was wiederum bewirkte, dass die Webleinen nicht gerade ansehnlich wirkten. Mir wurde klar, was das bedeutete, die Wanten mussten alle noch mit mehr Spannung neu gesetzt werden. Dies habe ich, nach einer Runde Selbstmitleid, dann auch, so gut es ging, getan.
Nach getaner Korrektur erfolgte dann aber doch das Ausweben. Ich bin, aufgrund der widrigen Umstände, eigentlich noch recht zufrieden. Hier ein paar Bilder vom Ausweben.




Man wird’s kaum glauben, die Arbeit hat mir aber richtig Spaß gemacht (von dem Mist mit den zu lockeren Wanten mal abgesehen) und ich freu mich schon auf den Fockmast. Ich denke, das Ergebnis wird dort aufgrund der gesammelten Erfahrung um einiges besser ausfallen.
So das war’s vorerst mal wieder. Beim nächsten mal gibt’s dann etwas über eine kleines Drama bezüglich der Großwanten zum Berichten. Ferner sieht man dann auch die fertigen Fockwanten, in die dann die gewonnenen Erfahrungen aus den Großwanten positiv mit eingeflossen sind. Auch sollten die Jungfern für die Stengewanten an den Marsen angebracht sein.
von Jürgen