H-42, Schlachtschiff-Projekt der deutschen Kriegsmarine
scratch-build 1:700; unter Verwendung von Fertigbausätzen (Revell, Dragon)

Im Sommer 2004 hatte Mike Bartel die molds für seine H-Klasse in 1:700 fertiggestellt, inzwischen gibt es ja schon einige davon gebaut zu bestaunen; z.B. die von Norbert Thiel (von NNT-Modell, der´s hierzulande vertreibt), und ich glaube, auch Martin Kohring wird nicht lange auf sich warten lassen (einige exzellente Baufotos hat er mir bereits gemailt).
Eine weitere Neuheit, der eher mit gemischten Erwartungen entgegengesehen wurde, war die Dragon-Bismarck (oder Tirpitz), ebenfalls in 1:700; mit den viel diskutierten Vinylteilen für Schornstein, Brückenaufbau und Hangar.
Neugierig gemacht durch so viele schwere "neue" KM-Pötte in unserem bevorzugten Maßstab, wollten wir, mein Sohn Martin (22) und ich (44), mal zumindest den Dragon-Bausatz begutachten (aber ohne jetzt die zigtausendste Bismarck in die weite Modell-Landschaft zu setzen);
an der "H" von 1939 hatten wir zwar Interesse, aber für DEN Preis wollten wir auch ein perfektes Modell ... und das schien uns der Resin-Bausatz, obwohl er sehr gut ist, dann doch nicht so ganz zu sein
(keine Option für Hangar/offen, Aufbaudecks-Wände undetailliert, kaum Lüfter, Vorschiffs-Verlauf beim Übergang vom gekrümmten Wassergang zum scharfkantigen Decksabschlag unklar, Kabelrollen so dick wie Traktor-Reifen : nur´n Haufen Schleiferei, Gespachtle und Ärger!).
In einem Anfall von Wahnwitz (dysfunctio cerebralis modellensis; unheilbar- ) beschlossen wir, statt dessen (mit noch mehr Schleiferei, Gespachtle und Ärger...) die viel weniger genau dokumentierte Nachfolge-Planung "H-42" (ein eher "esoterisches" Projekt) 1:700 umzusetzen.
Dabei haben wir uns als Ziel gesteckt, möglichst "authentisch" vorzugehen, d.h. die vorhandenen Planskizzen so zu realisieren, dass das Ergebnis in manchen Bereichen zwar von der (manchmal sehr schlampig gezeichneten) Orthodoxie der Breyer-Pläne abweicht, jedoch insgesamt logischer wird.
Solche Änderungen (keine "künstlerische Freiheit", sondern technisch-funktionaler Natur) werden wir natürlich jeweils deutlich anmerken.
Trotz intensivster Recherche (incl. Anfragen ans Bundesarchiv) haben wir ziemlich bald sehen müssen, dass es zwar jede Menge an schriftlichen Aufzeichnungen gibt (Bewaffnung und Panzerung betreffend die meisten), aber so gut wie nichts an Gezeichnetem, über das untenstehend Erwähnte hinaus.
Der Grund liegt darin, dass bis zu H-41 die Entwurfshoheit in den Händen des K-Amtes lag; darüber hinaus führende Projekte waren hingegen jedoch nur noch reine Studien, die die Implikationen einer linearen Vergrößerung im Schlachtschiffbau illustrieren sollten. Insofern jagt unser Vorhaben einem "Geist" nach, etwas nicht nur Nicht-Gebautem, sondern Irrationalem.
Demzufolge wird dies auch das erste Modell einer H-42 sein, das je gebastelt wurde; ...also sollten wir bei so viel schwankendem Terrain möglichst seriös vorgehen...; jede Alternative genau dokumentieren (in diversen Marine-interessierten Foren diskutieren)... kann spannend werden, aber auch sehr viel an Fragen aufwerfen.

Als Ausgangsmaterial dienen:

Der Plan ist aus Siegfried Breyer, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970 und per Kopierer auf 1:700 vergrößert. Ein Freund hat mir Pläne aus Garzkin/Dulin, Axis & Neutral Battleships gemailt, aber die sind in den Details auch nicht genauer.
Hingegen gibts über die H-39 genügend Material, so dass wir in einigen Bereichen der Aufbauten (den bei beiden (H-39 und H-42) baugleichen) recht gute Vorlagen und Skizzen haben, bei anderen jedoch aus den oben genannten Skizzen improvisieren/interpolieren müssen.
In drei wichtigen Details werden wir das gesicherte Planmaterial "verlassen":

Alle drei "Improvisationen" folgen Anmerkungen, die S.Breyer in seinen Texten gemacht hat.
Auch haben wir lange diskutiert, ob wir einen hypothetischen Bauzustand mit bivalenter MA (127mm) à la Gneisenau-Umbau darstellen sollten; haben uns dann aber für den Beibehalt des traditionellen Bewaffnungs-Schemas entschieden.
Aber sicherlich hätte bei einer Fertigstellung um ca. 1948 (!!) sowohl Flak als auch Feuerleitung gravierend anders ausgesehen... aber bleiben wir jenseits von Utopia mal nur einfach bei der möglichst sachlichen Umsetzung eines Entwurfes in seiner zeitlichen Bedingtheit.

Ärmel rauf (genug Theorie!), und los gehts:
Erste Schritte:
die Rumpfhälften des Revell-Bausatzes mit Laubsäge auf Wasserlinie bringen, Heck verbreitern und kürzen; die überdimensionierten Decksklüsen dichtsetzen;
01Rumpf.jpg
Rumpf nach Plänen auf Dimension ausspanten und versteifen. (Die Bodenplatte sowie die Steifungen wurden kurzerhand aufgrund ihrer Dicke (1mm) aus der Wagenstands-Anzeige der österreichischen Bundesbahnen "entlehnt").
02Aussteifung.jpg
Zur Methodik der Planung:
Um nicht einfach so drauflos zu "kitbashen", wie das Teile-Klonen neuerdings heißt, haben wir uns Breyers Pläne eingescannt, sie mit den Planskizzen in Gartzke/Dulin (axis & neutral battleships) verglichen und dann am Computer überarbeitet.
03Planung.jpg
Natürlich kamen wir dabei auf einiges: Im Beispiel-screenshot könnt ihr sehen, dass wir Teile der Brückenaufbauten verändern mussten, um funktionale Zusammenhänge zu wahren, so sind hier

Diese Gesamtmaschinerie braucht auch entsprechende Zuluft; nur wenige Planskizzen zeigen genügend Ventilationsschächte aber die Logik gebietet ihre Anordnung, also wer´n ma se schon noch lokalisieren können. Da helfen H-39-Pläne, BM/TP-Layouts, sowie schlichte Querschnittsberechnungen.
Und natürlich haben wir auch vor anderen Planungsdetails nicht halt machen können.
Ziel war aber IMMER, so nahe wie möglich am realisischen Erscheinungsbild zu bleiben.
Weitere Fragen taten sich auf:

04_05Katapult.jpgAlso haben wir dies übernommen, waren aber von der geradlinigen, nur leicht geknickten Führung der Verschubgleise für die Bordflugzeuge nicht so recht überzeugt.
Eine weitere Nachbearbeitung am Computer ergab ein ingesamt in sich schlüssigeres Bild.06Verschub.jpg

(Ihr seht schon, wir hatten uns das alles einfacher vorgestellt! Aber inzwischen sind wir mittendrin...)
Ein erfreuliches Nebenprodukt:
Die Mühe, die die Umzeichnung am Computer macht, lohnt jedoch: Für einzelne Decks können wir uns nun Papierausdrucke machen, um die Genauigkeit des Modells zu überprüfen,
07Anprobe.jpg
Schablonen herzustellen oder weitere Strukturen (hier das Aufbaudeck aus 0.5mm Polystyren sowie von BM abgeschrotteten Teilen) gleich auf den Papierausdrucken aufzubauen.
08Aufbaudeck.jpg
Rumpf:
Ein Argument für den Revell-Ausgangsrumpf war die recht schön ausgebildete Panzerkante (neben dem billigen Preis! Wer schlachtet schon gerne ein teures Modell?).
Natürlich muss diese entsprechend gekürzt werden, sowie die leichte Bug- und Heckpanzerung aufgebracht werden; beides geschieht mit Polystyren-Platten (0.5 und 0.25 mm dick).
09Heck.jpg
Auch die Klüsen sind neu zu gestalten; als Anspachtel-Kante für kompliziertere Verläufe ist hier Messingdraht (0.13mm) in Verwendung.
10Bug.jpg
Das Deck liegt als 0.5mm-Platte einfach auf den Versteifungen auf (Klebstoff: Aceton) und wird anschließend entsprechend getrimmt.
11Deck.jpg12Schleifen.jpg
Schließlich sind auch alle neuen Luken gebohrt (0.3mm); als Anzeichenkante, um waagerecht zu bleiben und den Handbohrer anzulegen, diente ein dickes Klebeband.
Aufbauten, die Erste:
Um einfach mal zu probieren, wie weit sich die diversen Tirpitz-Teile von Dragon (1:700) in das Gesamtbild einfügen, haben wir mal eine kleine Probe aufs Exempel gemacht.
13Brueckenblock.jpg
Ein Materialmix aus Dragon-Teilen (der vordere Kommandostand, einzelne -nachbearbeitete- Plattformen, die seitlichen Wände des Brückenblocks), Revell-Schrott (die Turmmast-Segmente sind in den Radien, aber nicht den Dimensionen passend: Also längs und quer zu zersägen), Polystyren (leicht erkennbar: weiß) sowie allerlei an Röhrenabschnitten (Kugelschreiberminen, Kabelisolationen...) für die Splitterschutz-Stände der E-Messer und Teleskope. Montage-Achse: Holz-Spießchen.
Artillerie, oder: Maloche im Arsenal:
Dass die alten Revell-Türme mit ihren überdimensionierten Rohren, den viel zu weit nach hinten versetzten Geschützwiegen (und E-Mess-Hauben in masstäblicher Einfamilienhaus-Größe) nicht in Frage kommen, war klar. Neu bauen, oder schleifen, sägen, spachteln? Letzteres...
14Tuerme.jpg
Schritt für Schritt; und natürlich mit neuen Messingrohren von NNT (für Mike Bartel´s H-39), elevierbar, wenn schon! Als Größenvergleich rechts unten im Bild: Im Hintergrund ein "Tirpitz"-Turm.
Im Rohbau stehen auch schon die leicht modifizierten 15cm-Türme; Kopfzerbrechen hat die 10.5cm-Flak gemacht; schlussendlich war die Ummantelung und die Ergänzung der C/33-Lafetten zu den Flaktürmen 37 mit Polystyren-Teilen die Lösung. Aber da sind wir noch dran, diese "Serienfertigung" wird immer mal als Pausenfüller eingeschoben...
Für´s erste ein Bild der derzeitigen Anmutung, die einzelnen Werkstoff-Kombinationen sind noch gut erkennbar, die Papierdecks als Schablonen aufgebracht (zum Größenvergleich eine 1-Cent-Münze auf dem Heck); die derzeit vorhandenen Rohbauten pi mal Daumen aufgesetzt.
15Status20.12.jpg
Im Januar geht´s dann weiter, so have a look to the Vienna Alternative Yard, then.
Martin und Harold Winkel, Wien.
© mag.art.harold winkel / formgabe