01.09.1939 - 75 Jahre Beginn des Zweiten Weltkriegs

 

Das alte Schlachtschiff Schleswig Holstein feuerte vor 75 Jahren die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs ab, einem Krieg, in dem mehr als 65 Millionen Menschen starben (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Sie war bereits am 24. August 1939 in Danzig eingelaufen, um für den ursprünglich geplanten Angriff auf Polen am 26. August bereit zu sein. Sie sollte die polnischen Einrichtungen auf der Halbinsel Westerplatte vor Danzig erobern und hatte hierfür 226 Soldaten der Marineinfanterie an Bord. Der Angriffstermin wurde kurzfristig auf den 1. September verschoben. Um 4:47 begann die Schleswig-Holstein mit dem Beschuss der Westerplatte und landete darauf die Truppen an. Die polnische Garnison der Westerplatte gab aber erst am 7. September auf.

Das Original

Die Schleswig-Holstein gehörte zu der letzten Klasse von Pre-Dreadnoughts/Einheitslinienschiffen, die für die Kaiserliche Marine gebaut wurde, die Deutschland-Klasse. Die Klasse war eine Weiterentwicklung der Braunschweig-Klasse. Von der Vorgänger-Klasse unterschied sie sich durch eine stärkere Panzerung und eine leicht um zwei 8,8 cm-Geschütze verstärkte Torpedobootabwehrbatterie sowie veränderte Aufstellung und Anordnung der 8,8 cm-Geschütze. Der deutlich sichtbarste Unterschied war, dass die vier 17 cm-Geschütze auf dem Hauptdeck nicht mehr in Türmen wie bei der Vorgängerklassen aufgestellt waren, sondern in Kasematten.

Die Schleswig-Holstein war 127,6 m lang, 22,2 m breit und verdrängte 14 218 t. Der Antrieb bestand aus drei Dreizylinder-Dreifachexpansionsdampfmaschinen und zwölf Kesseln, die 23 456 PS leisteten und drei Schrauben trieben. Die Höchstgeschwindigkeit war 19,2 kn. Anfangs bestand ihre Bewaffnung aus vier 28 cm-Geschützen in zwei Zwillingstürmen, 14 17 cm-Geschützen, 20 8,8 cm-Geschützen, vier Maschinenkanonen und sechs 45 cm-Torpedorohren. Die Besatzung bestand aus 743 Mann, als Schulschiff vor dem Zweiten Weltkrieg waren es 596 Mann plus 175 Kadetten.

Zwischen 1903 und 1908 wurden fünf Schiffe der Klasse gebaut: Deutschland, Hannover, Pommern, Schlesien und Schleswig-Holstein. Obwohl die Klasse schon bei Indienststellung veraltet war, da sie mit Ausnahme des Typschiffs erst nach der Dreadnought fertig gestellt wurden, blieben sie im Ersten Weltkrieg im Einsatz. So bildeten die fünf Schiffe der Klasse zusammen mit der Hessen der Braunschweig-Klasse das II. Geschwader in der Schlacht von Skagerrak. In dieser Schlacht wurde am 1. Juni 1916 die Pommern durch einen Torpedotreffer eines britischen Zerstörers versenkt. 1917 wurde die überlebenden vier Schiffe außer Dienst gestellt und überwiegend als Wohnschiffe genutzt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Deutschland abgewrackt, während die verbliebenen drei Schiffe zusammen mit Braunschweig, Elsass und Hessen der Vorgängerklasse den Kern der Reichsmarine bildeten. Sie wurden meist als Schulschiffe genutzt. Hannover wurde 1935 außer Dienst gestellt, die beiden anderen Schiffe blieben im Zweiten Weltkrieg im Dienst und wurden 1944 bzw. 1945 versenkt. Bei den Umbauten erhielt Schleswig-Holstein modernere Feuerleitgeräte, wofür der Fockmast gegen einen Röhrenmast ausgetauscht wurde. Die Aufbauten wurden nach und nach vergrößert und die vorderen beiden Schornsteine wurden zusammengelegt. Ein Teil der Kohle-betriebenen Kessel wurde gegen mit Öl befeuerte ausgetauscht. Die Bewaffnung bestand nach der Indienststellung bei der Reichsmarine aus vier 28 cm-Geschützen, 14 15 cm-Geschützen und vier 8,8 cm-Flak. Die Zahl der 15 cm-Geschütze wurde später weiter reduziert, dafür wurde im Zweiten Weltkrieg die Flak deutlich verstärkt.

Die Schleswig-Holstein wurde von 1905-08 auf der Germaniawerft in Kiel gebaut. Nach der Indienststellung gehörte sie zum II. Geschwader und blieb bis 1916 im Dienst der Hochseeflotte. Bei mehreren Unternehmungen der Flotte bildete sie einen Teil der Fernsicherung, hatte aber nur in der Schlacht von Skagerrak am 31. Mai/1. Juni 1916 Feindkontakt. In dieser Schlacht setzte sie auch nur die Mittelartillerie gegen britische Zerstörer ein, ihre 28 cm-Geschützte feuerten keinen Schuss ab. Sie selbst erhielt einen schweren Artillerietreffer, durch den drei Mann getötet und acht verwundet wurden. Im Mai 1917 wurde sie außer Dienst gestellt und danach als Wohnschiff für U-Boot-Besatzungen genutzt.

1925-26 wurde Schleswig-Holstein modernisiert (u.a. mit dem Röhrenmast) und 1926 als Flottenflaggschiff der Reichsmarine wieder in Dienst gestellt. Vor dem Zweiten Weltkrieg nahm sie an zahlreichen Ausbildungsfahrten teil und wurde mehrfach umgebaut. Am 1. September 1939 feuerte sie die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs beim Überfall auf Polen ab und unterstützte den deutschen Vormarsch durch Landzielbeschuss. Am 9. April 1940 war sie an der Besetzung Dänemarks beteiligt. Danach wurde sie bis 1944 als Schulschiff eingesetzt. Ende 1944 wurde sie in Gotenhafen zum Konvoi-Geleitschiff umgebaut. Dort erhielt sie am 18. Dezember drei Bombentreffer, durch die 28 Mann getötet und 53 verwundet wurden und das Schiff auf ebenen Kiel sank. Durch einen Brand am 20. Dezember wurden die Aufbauten zerstört. Das Wrack wurde bei der Aufgabe von Gotenhafen am 21. März 1945 gesprengt. Nach dem Krieg wurde das Wrack von der sowjetischen Marine gehoben und bei der Insel Osmussaar/Odensholm (heute Teil von Estland) bis 1955 (oder 1966) als Zielschiff genutzt. Das Wrack soll heute noch dort liegen.

Das Modell

Das Modell der Firma WSW stellt den Zustand der Schleswig-Holstein zu Beginn des Zweiten Weltkriegs dar. Das Modell ist, wie alle Modelle dieser Firma, handwerklich sehr sauber ausgeführt. Ätzteile sind leider nicht enthalten und müssen aus Beständen ergänzt werden. Hier fand z.B. Reling der Firma Saemann mit ihrem ausgezeichneten Preis/Leistungsverhältnis Verwendung. Für die Mittelartillerie wurden Rohre der Firma NNT verwendet. Als erstes wurden die Türme der schweren Artillerie, die deutlich zu klein ausgefallen sind, mit Plastikplatten um ca. 1 mm erhöht. Das Schiff wirkt insgesamt im Vergleich zu Fotos deutlich zu hoch, nach Erhöhen der Türme fällt dies weniger auf. Die 8,8 cm Geschütze sind dagegen viel zu grob, mangels besserer wurden sie dennoch verwendet. Die Schornsteinöffnungen wurden mit selbsthergestellten Gittern aus Kupferdraht versehen, ebenso wurden die Masten aus Messingdraht angefertigt. Der Bausatz enthält auch zu wenig Boote, stellt aber eine weit bessere Ausgangsbasis als bisherige Bausätze dar. Ich würde eine Erste Weltkriegs-Variante dieses Modells sehr begrüßen.

Die Bemalung erfolgte wie immer mit selbstgemischten Farben der Firma Tamiya, die Bemalung der Details in Humbrol- und Agama-Farben. Die Takelage ist aus gezogenem Gussast, der mit Weißleim befestigt wurde. Der Sockel stammt von NNT und die Flaggen von HP-Models, die vor Befestigung mit Mattlack beschichtet wurden, da sie aus leidvoller Erfahrung offensichtlich nicht UV-beständig sind.

Die Bauzeit betrug ca. 30 Stunden, man wird mit einem Meilenstein der Seekriegsgeschichte belohnt.

Norbert Thiel, Reiner (Fotos), Lars (Text über Original)