Wie üblich, eine farbige Faltschachtel mit Bemalungsvarianten Modell: Sea Harrier FRS.1
Hersteller: Italeri
Nummer: 1236
Massstab: 1:72
Preis: ca. 12€

Zum Original:
Geschichte und Einsatz:
Die Harrier dürfte als erster Senkrechtstarter mittlerweile allen bekannt sein. Die RAF hatte ihre ersten Harrier 1969 in Dienst gestellt. 1975 bestellte die Royal Navy 34 Harrier FRS.1 (die Abkürzung steht für Fighter/Reconnaissance/Strike), die ab 1978 in den Dienst eintraten. Spätere Bestellungen folgten, so dass total 57 Exemplare an die Navy ausgeliefert wurden. Schon ziemlich früh musste sich die Harrier im Einsatz bewähren; im April 1982 nahm Argentinien die britischen Falkland-Inseln ein, was den Falklandkrieg in Gang setzte. Die HMS Hermes und Invincible waren mit 20 Sea Harriers an Bord in diesem Konflikt in Einsatz, den England schliesslich gewann.
Der Konflikt zeigte aber auch Schwächen der FRS.1 auf, die mit dem Update FA2 verbessert wurden. Am Auffälligsten war dabei das neue Radar ("Blue Vixen"), das der Sea Harrier ermöglichte, die AIM120 AMRAAM-Luft-zu-Luft-Lenkwaffe mitzuführen. Die FA2 sind an der grösseren (und etwas weniger ästhetischen) Nase zu erkennen. Aber auch unter der Haube gab es Verbesserungen, so wurde die Reichweite vergrössert und das Cockpit modernisiert. Der Erstflug der FA2 fand 1988 statt und 1990 bestellte die Royal Navy weitere 18 Sea Harrier, die Letzten wurden 1999 ausgeliefert. Die Sea Harriers waren auch im Balkan im Einsatz (Kosovo und Jugoslavien), sowie im Irak (auch zur Durchsetzung der Flugverbotszonen).
Das Ende der Sea Harrier kam nur kurze Zeit später und ziemlich unerwartet. Um Kosten zu sparen, hat die britische Regierung beschlossen, dass die Navy und Air Force nur noch einen Typ Harrier betreiben sollen. Als Basis wurde die GR.7 der Air Force ausgewählt. Leider ist die GR.7 eine Erdkampf-Harrier und hat kein so fortschrittliches Radar wie die FA.2. Ebenfalls aus Kostengründen wurde beschlossen, die Luftverteidigungsvariante zu streichen. Die Royal Navy hat dadurch den Schutzschild um ihre Flotte verloren. Der Zustand sollte noch bis 2012 anhalten; bis dann sollten die F-35 Joint Strike Fighter und der neue britische Flugzeugträger im Dienst stehen.

Technische Daten:
Länge (FRS.1): 14.50m
Spannweite: 7.70m
Höhe: 3.71m
Leergewicht: 6632kg
Max Abflugsgewicht: 11884kg
Max Geschwidigkeit: 1120km/h
Einsatzdauer, typisch: 90 Minuten, 100 Seemeilen vom Träger
Triebwerk: 1 Rolls-Royce Pegasus Mk. 104/106, Max. Schub 95.6 kN
Bewaffung: 4 Flügel- und 3 Rumpfstationen.

  • Flügelinnenstation: max. 900kg, meist Zusatztanks oder (früher) die nukleare WE177 Bombe

  • Flügelaussenstationen: max. 450kg, (meist 2 Sidewinder, die neueren Harrier FA.2 konnten AIM-120 AMRAAM tragen)

  • Rumpfstationen: meist 2 30mm-Kanonenpods mit je 120 Schuss Munition


Zum Modell:

Die Proportionen sind sehr stimmig. Die typischen Merkmale der Sea Harrier sind gut wiedergegeben und die Dimensionen stimmen praktisch auf den Millimeter. Das Modell weist ein paar Schwachstellen auf, die aber ohne grossen Probleme verbessert werden können. Der Aufbau ist (ähnlich wie bei anderen Herstellern der Harrier/Sea Harrier) modular, das heisst der vordere Rumpfteil ist separat ausgeführt, um auch die landgestützten Harrier aus den gleichen Grundformen herstellen zu können.

Die Gussäste:
Das Modell besteht aus 4 Gussästen. Gussast 1 beinhaltet den vorderen Rumpfbereich, sowie kleinere Teile. Gussast 2 und 3 sind dem Rest des Fliegers gewidmet, und Gussast 4 schliesslich ist für die Cockpithaube (zweigeteilt) inkl. Head-Up-Display.




Details:
Dem Modell sieht man sein Alter leider an. Es ist mehr als genügend Fischhaut vorhanden und auch Auswerfermarken sind massenhaft vorhanden. Leider oftmals an sichbaren Stellen wie z.B. auf dem Pilotensitz, auf den Fahrwerksbeinen oder auf den Reifen. Auch was Detaillierung betrifft, ist das Modell von der rustikalen Seite, flache Instrumentenpanels mit Decals sind heute definitiv nicht mehr Standard. Auch im Fahrwerkschacht herrscht gähnende Leere. Andererseits weist das Modell sehr filigrane, versenkte Blechstösse auf. Sie sind dermassen fein, dass man vermutlich nach Verschleifen des Rumpfes einige nachgravieren muss... Die beigelegte Bewaffnung ist bescheiden. Die 2 Kanonenpods sind vorhanden, zwei Flügeltanks und 2 Sidewinder. In einer dermassen schlechten Ausführung (die typischen Rollerons fehlen...), dass man besser auf sie verzichten sollte, wenn sich in der Grabbelkiste nichts Besseres finden lässt. Die transparenten Teile sind nicht ganz so transparent wie sie sein müssten. Interessant ist, dass Italeri die Sprengschnüre mit erhabenem Relief an die Kanzel gegossen hat. Ich bin gespannt, ob das bei der Politur der Haube nicht eher hinderlich sein wird, und man dieses (zweifelsohne gut gemeinte) Detail zuerst mühsam entfernen muss...



Links: die einzige Detailierung der Cockpit-Seitenwände sind die Auswerfermarken.
Mitte: die Qualität der Details ist an sich gut. Auch feine Details wurden fein wiedergegeben. Es schien mehr am Willen zu fehlen, als am Können.
Rechts: Leider sind zuviele Auswerfermarken vorhanden, auch an sichtbaren Stellen



Links: Die Cockpitwanne. Keine Details, nur angedeutete Pedale.
Mitte: auch hier sieht man, dass einzelne Teile fein gegossen sind, so z.B. der Steuerknüppel (Teil Nr. 9). Hingegen ist das Instrumentenbrett (Teil Nr. 11) flach. Da gehört gemäss Anleitung ein Decal hin.
Rechts: im Fahrwerkschacht herrscht gähnende Leere. Da ist der Scratchbauer gefordert.

Decals:
Die Decals sind versatzfrei gedruckt, das Trägerpapier ist dünn und Matt. Wartungshinweise sind ebenfalls in ausreichender Anzahl vorhanden. So sollten eigentlich alle Decalbögen aussehen...



Anleitung und Bemalungsvarianten:
Die Anleitung ist klar und einfach. Wie üblich bei Italeri beginnt sie mit einer mehrsprachigen, kurzen Geschichte des Originals, danach eine Abbildung der Gussäste (nicht benötigte Teile grau hinterlegt), sowie eine Farblegende. Dabei hat man sich auf Modelmaster-Nummern beschränkt, aber wo es möglich ist, mit FS-Nummern ergänzt. Der Bau wird in 10 Stufen erläutert.





Es sind 3 Harriers darstellbar. Die erste Version ist "Dark sea grey" über alles, die 1982 auf der HMS Invincible stationiert sein soll, und trägt die Registrierung ZD608. Die zweite ist mit der etwas interessanteren Farbgebung versehen, die Unterseite ist weiss, die Oberseite ist ebenfalls Dark sea grey, und stellt die Sea Harrier XZ451 dar, die 1979 in Yeovilton stationiert war. Die dritte Version schliesslich ist eine indische Harrier, die ebenfalls in der weissgrauen Bemalung daherkommt.
Ob die Kennungen korrekt sind, ist fraglich: die sehr ausführliche Seite www.targetlock.org.uk nennt als Datum für den Erstflug der ZD608 den 20.September 1985. Bei der XZ451 ist die Lage etwas eindeutiger; da stimmen die Daten überein. Diese Harrier hat im Falkland-Konflikt teilgenommen, und hat 3 Anschüsse erzielt, somit ist sie sicherlich die interessanteste Version.



Fazit


Die Harrier von Italeri bietet eine gute Ausgangsbasis; die Proportionen stimmen und die Gravuren sind schön filigran. Damit sind schon einmal wichtige Voraussetzungen erfüllt, um daraus ein schönes Modell zu bauen. Ein Wermutstropfen sind die mangelnden Details. Wer da etwas Besseres erreichen möchte, muss Eigeninitiative zeigen. Eduard bietet leider keine Zurüstteile für die Sea Harrier an. Auch die vielen Auswerfermarken stören.
+ Proportionen und Gesamteindruck
+ Feine, versenkte Gravuren, Detaillierung (wo vorhanden...)
+ Decals und Versionsauswahl
- viele Gussgrate und Auswerfermarken
- mangelnde Details (Cockpit, Fahrwerk)
- Aussenlasten
Alex