Das Original

Die Seydlitz ist eines der bekanntesten deutschen Großkampfschiffe und ich denke nicht, dass ich den Lesern von Modellmarine ihre dramatische Geschichte noch einmal erzählen muss. Wer seine Kenntnisse auffrischen will, findet hier einen guten Text:

SMS Seydlitz (Wikipedia)

Das Modell

Das Modell der Seydlitz im Maßstab 1/350 ist aus dem Bausatz von Kombrig gebaut. Als ich ihn im April 2015 kaufte, war Kombrigs Seydlitz der einzige Bausatz im Maßstab 1/350 von einem Schlachtkreuzer der Hochseeflotte. Seitdem hat Kombrig auch die Von der Tann herausgebracht und Hobbyboss hat die Seydlitz als Spritzgussbausatz angekündigt.

Der Bausatz hat die üblichen Stärken und Schwächen der Kombrig-Bausätze: Die Teile sind sehr schön gegossen, aber wegen schlechter Verpackung gab es viele Transportschäden und die Bauanleitung ist völlig unzureichend.

Um das Modell erfolgreich fertig zu stellen, braucht man also gutes Referenzmaterial. Am besten ist Gary Staffs German Battlecruisers of WWI’. Es ist zwar ein teures Buch, aber für Schiffsliebhaber wie uns ist das kein Thema, nachdem man die aufregenden Fotos und die sexy Computeranimationen gesehen hat. Das Buch enthält auch Auszüge aus den Berichten der Kapitäne nach den Doggerbank- und Skagerakschlachten. Schade nur, das sie ins Englischen übersetzt sind. Es wäre echt toll gewesen, sie in der Originalsprache zu lesen.

Da ich im ModellFan schon zwei Artikel über den Bau geschrieben habe (Nr 6 und 7 2016), greife ich hier nur einige Aspekte heraus.

Die Fuge zwischen dem oberen und dem unterem Rumpfteil verursachte die übliche Spachtel- und Schleifarbeit und Flüche auf Schwedisch und Deutsch.

Die Rumpfseiten detaillierte ich mit Plattengängen aus 0,1 mm PlaPaper von Tamiya, und "Augenbrauen" für die Bullaugen aus Kupferdraht. Die Plattengänge klebte ich mit Ethylacetat fest und die Bullaugen mit verdünntem Weißleim. Aus Kupferdraht stellte ich auch die Ösen für die Takelage der Torpedonetze her.

Die größte Herausforderung des Baues war die Anfertigung der Torpedonetzanlage. Erst stellte ich eine Menge Spieren aus Stahldraht her, die ich mit Festpunkten und Ösen aus Kupferdraht versah.

In einem Berliner Stoffladen fand ich ein passendes Wollgarn, mit dem ich das Torpedonetz darstellen konnte. Ich tauchte einige Stücke des Garnes in verdünnten Weißleim ein und hing sie mit Gewichten an den Enden zum Trocknen auf. Da ich die Takelage der Spieren schon vorbereitet und ausprobiert hatte, war es dann erstaunlich einfach, die Spieren zu takeln und das Netz mit Weißleim fest zu kleben.

Viel kniffliger war es, die Takelage an den Bugseiten hinzukriegen. Es ging darum, die natürliche Beugung des Fliegebindegarns zu nutzen, um das "Durchhängen" der Taue darzustellen. Das Problem war, dass dasselbe Stück Garn an einer Stelle durchhängen, an anderer Seite gespannt sein sollte. Hier musste ich erst das durchhängende Stück in seiner Beugung mit Klebeband und Gewichten festhalten und dann festkleben. Nachdem der Klebstoff durchgetrocknet war, konnte ich das Stückchen weiter spannen.

Die Beiboote sind meistens sehr schön gegossen, außer den Kuttern, die einteilig mit massiven Duchten gegossen sind. Es gibt aber in der Bauanleitung keinerlei Anweisungen dazu, wo sie stehen sollen. Ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht auf festen Wiegen standen. Soweit ich weiß, standen die Boote auf Barrings, die auf im Deck versenkten Schienen liefen, siehe hier.

Ich fand aber keine Bilder, wo diese Schienen zu sehen sind. Ich löste das Problem auf die Weise, dass ich das Schiff im Gefechtszustand darstellte. Im Einsatz wurden die Boote, wegen der Splitter- und Feuergefahr und weil sie im Weg waren, von Bord genommen. Die Ladebäume und die Davits wurden aus ähnlichen Gründen auf das Deck gelegt und festgezurrt.

Bei der Bemalung nutzte ich meine übliche Technik, mit dünnen halbtransparenten Farbschichten zu arbeiten. Dabei verlangt es viel Geduld, die einzelne Decksplanken abzudecken.

Normalerweise brauche ich ungefähr sechs Monate, um ein Modell dieser Größe fertigzustellen. Bei diesem Bau brauchte ich nur vier. Das beweist die Qualität des Bausatzes.

Und wie immer bin ich der Meinung, dass "Wasserlinienfugen" verboten werden sollten.

Ulf Lundberg

Ulf Lundberg